Freitag, 10. Mai 2019

Blockiert

von Bea Bernasconi


Kennen sie das? Man sitzt im Atelier und da kommt nichts, absolut nichts! Endlich hätte man Zeit, es ist zum verzweifeln!

Diejenigen die ein Sketchbook haben, werden wohl dieses einmal durchblättern. Ich habe kein Sketchbook, ich hab’s probiert, X-Mal, aber was ich auch immer zeichnete oder malte hatte nichts mit dem zu tun was mir durch den Kopf ging!
was mir vorschwebte....

....was im Sketchbook zustande kam.... 


Ich habe einen Ordner Fotos auf meinem Computer, der heisst «Inspiration» mit tausenden von Fotografien, den schau ich mir an in einer solchen Situation.

Und was, wenn dann immer noch kein Licht aufgeht?

Ja dann trink ich mal Kaffee, klicke mich durch Pinterest oder mache eine Tour auf einschlägigen Blogs, blättere in Kunstbüchern und so weiter und so weiter.


Immer noch nichts? Ok, dann heute ist wohl nicht der richtige Tag.


Ich weiss nicht wie es euch geht, aber ich bin nicht auf Knopfdruck kreativ.

Die besten Ideen kommen mir immer, wenn ich eigentlich gar keine Zeit dazu hätte, wenn ich meinen damals noch kleinen Kindern Mittagessen kochen sollte zum Beispiel, anstatt dessen MUSSTE ich Stoff färben oder etwas malen oder nähen....dann gab es dann eben Spaghetti mit Tomatensauce aus der Büchse, lecker, oder?... da war meine Familie gar nicht er gleichen Meinung! Jetzt sind die «Kinder» erwachsen aber die Ideen kommen mir immer noch zu den unmöglichsten Zeitpunkten, es ist aber jetzt einfacher diese umzusetzen, ich mach dann einfach endlich auch gleich noch Diät.

Aber wie kann ich diese Blockaden verhindern oder wenn sie vorkommen überwinden?

Regelmässig an seiner Kunst zu arbeiten hilft, jeden Tag etwas schaffen, es muss ja nicht jeden Tag das gleiche sein. Ich kann mir einen Tag zum Malen oder Drucken festlegen, einen anderen wo ich Stempel oder Schablonen herstelle, die immer wieder verwendbar sind, ein anderer zum Zeichnen oder neue Stickmuster ausprobieren.

Jeder muss sich selbst einteilen wieviel Zeit er für seine Kunst aufwenden will und kann, innerhalb einer festgelegten Zeitspanne.

Bei mir ist das von vielen Faktoren abhängig denn ich habe ja ausser einem Gatten, der verköstigt und unterhalten werden möchte, Kinder die zwar ausgeflogen sind aber von Zeit zu Zeit verdoppelt unser Heim wieder « aufsuchen», Eltern die auch nicht jeden Tag jünger und gesünder werden, ein Haus, einen Garten und ja, wie viele andere kann ich von meiner Kunst allein nicht leben, also habe ich auch noch einen Job.




Damit das regelmässige Schaffen auch klappt kann man sich ein Projekt vornehmen, Regeln setzen, die man dann auch einhalten sollte. Ich habe das im letzten Jahr mit meinem Projekt «52 Weeks» gemacht. Aber Achtung, persönliche Projekte haben den Nachteil, dass sie jederzeit auf Eis gelegt werden können, das braucht dann schon ein wenig Durchhaltevermögen und Disziplin. Eine andere Art Projekt, kann ein Gruppen Challenge sein. Ich finde die Herausforderung und der Austausch mit anderen Künstlerinnen immer interessant, ausserdem bringt es neue Anstösse und ein Gruppen Challenge hat den Vorteil, dass man nicht so schnell aufgibt, bei Schwierigkeiten hat man Gleichgesinnte, die im gleichen Boot sitzen. Zudem würde es mir der Kopf ja nicht zugeben die Flinte ins Korn zu schmeissen.

Die folgenden Bilder gehören zu einem Projekt mit anderen Künstlerinnen: jeden Monat ein Bild,  Grase 10 x 10 cm, jeden Monat ein vorgegebenes Thema, Überthema war "Gemeinsam".
es war gar nicht einfach die Themen in 10 mal 10 cm umzusetzen.

Einer for alle alle für einen
Gerechtigkeit


(Nicht verbale) Kommunikation
Verschieden


Wahrnehmung
Zuhören

Ich kann aber auch ohne Projekt regelmässig arbeiten. Es gibt Wochen wo ich nichts nähe, sondern mich Anderem widme. Ich habe wie mein Gatte das so schön sagt einen »Schachteltick». Ich habe seit Ewigkeiten immer Material für kleine Projekte in einer Schachtel bereitgelegt, da ist alles drin was ich dazu brauche. Die Schachtel ist je nach Vorhaben klein oder gross, aber ich bevorzuge kleinere damit sie in die Handtasche passen. Klar bin ich nicht der «Clutch Typ» sondern eher sowas zwischen «Shopper» und «Weekender»....da passten früher die Windeln, der Schnuller und ein Spielzeug rein und jetzt eben eine meiner Schachteln.

In diesen Schachteln gibt’s die verschiedensten angefangenen Werke oder Projekte, die keine Deadline haben. Diese Schachteln helfen mir regelmässig an etwas zu arbeiten ohne das es immer dasselbe für Tage und Wochen sein muss, oder wenn ich wieder mal wie bestellt und nicht abgeholt im Atelier sitze.

Nähschachtel
Stempel schneiden






meine kleinste Schachtel: Glasuntersetzer mit Fingerklöpplelspitze

Papier Päckchen aus gerostetem Zeitungspapier




Bevor ich mit textilen Graffiti anfing habe ich einen online Kurs bei Alisa Burke mitgemacht. Bei ihr habe ich gelernt mich mit einer Schachtel kleinster Stoffresten an die Nähmaschine zu setzten die mit einem schwarzen, weissen oder farbigen Faden eingefädelt ist, auf freies Sticken eingestellt. Ausserdem braucht man einen Unterlagestoff. Dann geht’s los: man fischt sich irgendein Stücklein Stoff aus der Schachtel und näht dieses mit freiem Maschinensticken auf den Untergrundstoff. Schnörkel, Kurven, Zickzack oder was einem grad am meisten Lust macht ist alles erlaubt, man fischt das nächste Stoffstücklein und weiter geht’s. Es ist nicht erlaubt die Stoffstücke zu sortieren oder auszusuchen, einfach weiternähen bis der Unterlagestoff völlig bedeckt ist.

Das war unglaublich befreiend für mich!  ich hab dann noch was drüber genäht und fertig war mein allererstes Graffitibild

mein allererstes Graffitibild
Haben sie schon mal was von «expressiv Drawing» gehört? Ich habe vor Jahren mal beim rumschnüffeln auf Amazon dieses Buch von Steven Aimon bestellt. Es gibt darin ausser Erklärungen was «Zeichnen» überhaupt ist, einen Workshop mit verschiedenen Übungen, die ich fantastisch finde und immer wieder mal mache. Ich werde die Übungen hier nicht beschreiben, es gibt einVideo das ihr anschauen könnt wenn ihr Lust habt.

Für mich ist das fast wie Handnähen, eine Art Meditation, ein Blatt Papier, es kann auch gespannter Stoff sein, einen Pinsel, einen Stift, Farbe und Musik von Einaudi im Hintergrund.

Vielleicht kommt was dabei raus, das ich weiterverwende in meinen Werken, es gibt auch vieles das dann im Müll landet, aber ganz sicher erspart es mir den Nervendoktor.

So, das waren ein paar Tipps wie ich mit Künstlerparalyse umgehe ich kann euch selbstverständlich nicht versprechen das es auch bei euch funktioniert.

Mich würde wunder nehmen wie Ihr damit umgeht? ich bin gespannt auf eure Kommentare!
















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