Gabi Mett
Bilder einer Ausstellung
Haben Sie sich für dieses Jahr viel vorgenommen? Wollen Sie Ausstellungen in Museen besuchen? Steht Karlsruhe, Birmingham oder St. Marie aux Mines in Ihrem Terminkalender? Sind die Ausstellungen in Heidelberg ( die Quilt-Art-Gruppe aus England und im Herbst die nächste Triennale der Quiltkunst) und in Augsburg ( 22 Künstlerinnen - 22 Positionen) bereits eingetragen? Vielleicht ist ja noch ein Abstecher nach Holland geplant zum Textilfest in Leiden oder nach Berlin zur Textilen Art Berlin? Oder ein Besuch der Kunstmesse in Basel? Es gibt auch in diesem Jahr wieder unglaublich viel zu sehen und zu entdecken.
Biennale der deutschen Textilkunst 5,1987, Künstlerin nicht bekannt, Foto: Gabi Mett |
Biennale der deutschen Textilkunst 5, 1987, Künstlerin nicht bekannt, Foto: Gabi Mett |
Die Entdeckungen ereignen sich rein intuitiv und sie werden oft ausgelöst durch angewandte Techniken, interessante Materialien oder den Einsatz von Farben. Auch die Entdeckung interessanter Inhalte kann zu einem kleinen Zwischenstop führen. Werke bekannter Künstlerinnen fallen sofort ins Auge. Hier interessiert es mich, ob eine Entwicklung zu erkennen ist und natürlich schaue ich mir auch immer wieder bereits Bekanntes an.
Biennale der deutschen Textilkunst 5, 1987, Ausschnitt aus einem Werk von Helmut Hahn, Foto:Gabi Mett |
Biennale der deutschen Textilkunst 5, 1987, Künstlerin nicht bekannt, Foto: Gabi Mett |
Biennale der deutschen Textilkunst 5, 1987, Künstlerin nicht bekannt, Foto: Gabi Mett |
So kann es natürlich auch passieren, dass nach langer Zeit die Fotos nicht mehr eindeutig zuzuordnen sind. Ich hoffe, Sie sehen mir die Lücken nach.
Hinzufügen möchte ich jedoch, dass die Arbeit vom Wordless Wednesday ein Detail einer Arbeit von Hiltrud Schäfer zeigt.
Biennale der deutschen Textilkunst 5, 1987, Künstlerin nicht bekannt, Foto: Gabi Mett |
Im Januar diesen Jahres habe ich mir im Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund (www.museumdortmund.de/mkk) die Ausstellung Textil.Bild.Kunst - Das textile Wandbild nach 1945 angesehen.
Diese Ausstellung versucht, die textile Kunst in den Kontext der allgemeine Kunstentwicklung einzubinden und Tendenzen der textilen Bildkunst nach 1945 aufzuzeigen. Aus vorhandenen Beständen des Museums wurde diese Präsentation zusammengestellt, ergänzt durch Leihgaben aus weiteren Museen und Archiven in Deutschland. Sie zeigt Arbeiten von 15 Künstlern und Künstlerinnen, die das Textile für ihre Bildgestaltung zum Hauptthema gemacht haben. Die Abbildungen und Zitate sind dem Katalog entnommen, der zu dieser Ausstellung veröffentlicht wurde. In der Ausstellung selbst durfte nicht fotogtafiert werden.
Die 50iger bis 70iger Jahre sind für mich in vieler Hinsicht Neuland, was die textile Kunst angeht. So habe ich mit dieser Ausstellung und mit dem Katalog eine Reise in die Jahre meiner Kindheit und Jugend angetreten und in vieler Hinsicht habe ich interessante Dinge entdeckt.
Da sind zum einen die drei wichtigen Voraussetzungen, die die textile Bildkunst im 20. Jahrhundert auf den Weg brachten:
- für Deutschland die Scherrebecker Webschule, aus der weitere Webschulen hervorgingen. Sie spielte seit Beginn des 20. Jahhunderts eine wichtige Rolle, unter anderem im Jugendstil.
- die Gründung des Bauhauses Hier wurde eine Webwerkstatt eingerichtet, die von Paul Klee, Johannes Itten und Georg Muche entscheidende Anregungen erhielt. Namen wie Gunta Stölz oder Anni Albers verbinden sich mit dieser Institution.
- die in den 30iger Jahren neu belebte Tapisseriekunst in Frankreich, die eng mit dem Namen Jean Lucart und der Stadt Aubusson verbunden ist. 1959 wurde auf der zweiten Dokumenta in Kassel ein Bildteppich von diesem Künstler im Treppenhaus des Fridericanums gezeigt.
Weitere Aspekte sind ebenfalls interessant und erwähnenswert.
- Die Veränderung der Ausbildung in Deutschland nach 1945
Im Jahr 1971 wurden diese Fachklassen in die Fachhochschulen, die Kunstakademien und Universitäten eingegliedert. Die Ausrichtung erfolgte in Richtung Design, Kunst oder Wissenschaft, der ganzheitliche Bildungsansatz wurde aufgehoben.
- Die Veränderung der textilen Bildkunst in den 70iger Jahren
„Paralell zur Veränderung der textilkünstlerischen Ausbildung verlor die textile Bildkunst durch ihre seit den 70iger Jahren verstärkten plastischen und räumlichen Tendenzen an Bedeutung.“ (S.20) Kann das wirklich ein Grund sein, warum die Textilkunst ihren Platz an der Seite der anderen Künste verloren hat, der Weg in den Raum, die Hinwendung zur Skulptur ? Ich lasse diesen Satz einfach einmal im Raum stehen.
Unter anderem führte das nachlassende Interesse an dieser Kunstform dazu, dass die Biennalen von Lausanne oder die der Textilkunst in Deutschland (Dazu die oben ausgewählten Bilder) nicht mehr ausgeschrieben wurden. Gleichzeitig wurden Lehrstühle nicht mehr besetzt oder ganz aufgelöst. Selbst die Studiengänge für den Bereich der Textilgestaltung im Unterricht finden sich nur noch an wenigen Hochschulen.Die Ausbildung zum Weber fällt in Deutschland unter den allgemeinen Begriff Textilgestalter im Handwerk, es ist kein selbständiger Beruf mehr. Das nur am Rande.
„Das Wegbrechen textiler künstlerischer Traditionen gegen Ende des 20. Jahrhunderts hat erstaunlicherwiese heute nicht zum Verschwinden der Wertschätzung textiler Bildkunst geführt." (S.20) Das sehe ich aus eigener Erfahrung anders.
"Vielleicht bedurfte es auch erst eines größeren Abstandes, um sich dem Thema wieder anzunähern. Die Textilkunst des 20. Jahrhunderts hat sich in der Zwischenzeit nicht nur zu einem neuen Gebiet für Sammler entwickelt, sondern sie ist in jüngster Zeit in großen Ausstellungen auch umfassend wiederentdeckt worden., Das Textile hat sich als neue Inspirationsquelle für aktuelle Kunst erwiesen und diese beflügelt." (S.20)Eine gewagte These, finden Sie nicht auch?
"Und auch das gewebte textile Wandbild erlebt eine gewisse Renaissance, wenn auch unter anderen Voraussetzungen. Dies zeigen die jüngsten, ganz unterschiedlichen Arbeiten Gerhard Richters (geb.1932), der amerikanischen Künstlerin Pae White (geb. 1963) und des britischen Künstlers Grayson Perry (ge.1960), die in ihre Entwürfe nach digitalen Vorlagen an Jacquard-Webstühlen in großformatige textile Bilder umsetzen lassen.“ (S.20) Das ist für mich kein überzeugendes Argument, denn es wird den eigenständigen textilen Ausdrucksmöglichkeiten nicht gerecht.
Was ich allerdings an dieser Stelle einfügen möchte, ist die Blindheit auf einem Auge, die Textilkunstinteressierte oder TextilkünstlerInnen oft nicht sehen läßt, dass eine solche Kunst auf den Kunstmessen zu finden ist. Die Künstler kommen aber in den seltensten Fällen aus dem traditionellen“Handarbeitsbereich“, sondern sind Studienabgänger von Kunsthochschulen, die das Textile mit völlig anderen Augen sehen und die Möglichkeiten für ihre Inhalte nutzen. Sie sind ausgebildet, in Projekten zu denken, diese theoretisch in einem Konzept zu durchdenken und zu formulieren und mit den entsprechenden Mitteln umzusetzen. Da alle Künstler, die ich im Folgenden mit einer Arbeit vorstellen möchte, eine akademische Ausbildung haben, stellt sich für mich die Frage, ob der Weg nicht über die Einrichtung neuer Lehrstühle gehen muss, die die Textilkunst, nicht aber das Textildesign in den Mittelpunkt der Lehre stellen. Leider machen sich auch nur wenige TextilkünstlerInnen auf den Weg und versuchen in den Bereichen Zeichnung, Bild, Skulptur, Installation, Performance und anderen Kunstbereichen, sich an Wettbewerben zu beteiligen oder sich um Stipendien in diesem Bereich zu bemühen.
Nun aber zu einer kleinen Auswahl an Werken :
Woly Werner, Aus sich selbst, 130 x 66 cm, 1956, gewirkt |
Inge und Fritz Vahle, Ohne Titel, 183 x 94 cm, 1959, Applikationsarbeit |
Jean Lurcat, Soleil de Paris, 236 x 245 cm, 1962 |
Elisabeth Kadow, Komposition XV, 240 x 80 cm, 1962 |
Liselotte Engelhardt, Perlensarbeiten, 1962, 1964 |
Hedwig Klöckner-Triebe, Bewegung zum Kreis, 28 x 53 cm, 1967/68 |
Karl Wollermann, Fischvase mit Granatäpfeln, 34 x 34 cm, 1969 |
Hedwig Klöckner-Triebe, Verstreute Wege, 33 x 49,5 cm, 1978 |
Dieser Ausschnitt soll Ihnen einen kleinen Eindruck von der Vielfalt und Ausdrucksstärke dieser Werke vermitteln.. Es waren ausserdem noch Entwurfszeichnungen und Skizzen zu sehen. Beeindruckend die großen Bildteppiche aus dem Opernhaus in Dortmund, die in den sechziger Jahren von verschiedenen Künstlern entworfen und von der Nürnberger Gobelinmanufaktur umgesetzt worden sind.
Sollten Sie zu ausgestellten Künstlern recherchieren wollen, hier die Namen:
Hubert Berke (1908 - 1979)
Liselotte Engelhardt (1918 - 2002)
Harry Fränkel (1911 - 1970)
Irma Goecke (1895 - 1976)
Irene Goethert-Merz (1924)
Lotte Hofmann (1907 - 1981)
Elisabeth Kadow (1906 - 1979)
Gerhard Kadow (1909 - 1981)
Hedwig Klöckner Triebe, (1908 - 1998)
Jean Lurcat (1892 - 1966)
Alen Müller-Hellwig (1901 - 1993)
Ernst Wilhelm Nay (1902 - 1968)
Fritz Vahle (1913 - 1991)
Inge Vahle (1915 - 1989)
Woty Werner (1903 - 1971)
Fritz Winter (1905 - 1976)
Karl Wollermann (1904 - 1993)
Viel Spass dabei!