Dienstag, 18. Dezember 2018

Weihnachtspause


Bea Bernasconi


Liebe TAFch Leser, Weihnachten steht vor der Türe und wir verabschieden uns bis zur zweiten Januar Woche.


Wir wünschen euch allen ganz herzlich ein besinnliches Weihnachtsfest und stossen mit euch auf ein textiles 2019 an.







Freitag, 14. Dezember 2018

Geta Brătescu - später Ruhm

von Grietje van der Veen

Wie schon in meinem letzten Beitrag erwähnt, bin ich Künstlerinnen auf der Spur, die es spät in ihrem Leben zu Ruhm gebracht haben. Diesmal berichte ich von einer rumänischen Konzeptkünstlerin, die 87 Jahre alt werden musste, bevor sie den internationalen Durchbruch schaffte. Ich wurde auf sie aufmerksam, als ich von ihrem Tod in der Presse las. Sie starb im Alter von 92 Jahren, einige Wochen vor der Eröffnung ihrer Ausstellung in Berlin. Ich war neugierig. Also fuhr ich hin, um mehr über sie zu erfahren.

Die Ausstellung findet im n.b.k. (Neuer Berliner Kunstverein) statt. „Der n.b.k. ist ein Ort zeitgenössischer Kunst- und Diskursproduktion (… ) mit dem Ziel (… ), bildende Kunst der Gegenwart einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und zu vermitteln, sowie zur aktiven Teilhabe an kulturellen Prozessen einzuladen.“ (Flyer-Text). Über 4000 Werke des 20. und 21, Jht. können dort von Privatpersonen und Institutionen geliehen werden. Nebst der Artothek gibt es auch ein Videoforum. Weitere Informationen unter www.nbk.org

Ich erhielt die Erlaubnis von der n.b.k, in der Ausstellung zu fotografieren und die Bilder in diesem Blog zu veröffentlichen.

In zwei Ausstellungsräume, werden die Werke von Geta Brătescu bis zum 25.01.2019 ausgestellt. In einem Raum läuft ein faszinierendes Video, in dem die Künstlerin über sich erzählt und zeigt, wie sie arbeitet. Unten einige Standbilder des Videos, die ich ohne Mühe machen konnte, denn das Tempo war sehr gemächlich.







Geta Brătescu studiert von 1945 bis 1949 zuerst Malerei, später auch Philologie an der Universität in Bukarest. Ein Abschluss wird ihr durch das aufkommende stalinistische Regime verweigert, denn die Eltern sind politisch nicht linientreu. Trotzdem kann Geta ziemlich unbehelligt künstlerisch tätig sein. Sie illustriert Kinderbücher und arbeitet als Grafikerin.

1969, also 20 Jahre nach ihrem Ausschluss, darf sie ihre Ausbildung endlich abschliessen. Unter dem kommunistischen Regime, das in de 1970er Jahren immer repressiver wird, arbeitet sie als llustratorin und Grafikerin für das Kulturmagatin Seculul 20 (= 20. Jahrhundert), eine Zeitschrift, die weit über die Grenzen Rumäniens hinaus mit grossem Interesse gelesen wird.

Ihre Arbeiten werden wohl als apolitisch eingeschätzt, denn 1970 wird sie mit dem Preis der rumänischen Kunst-Zeitschrift Arta ausgezeichnet und erhält auch in den 90er Jahren mehrere Preise. Sie wird eine der Pionierinnen der Konzeptkunst in Rumänien. 2008 wird sie mit der Ehrendoktorwürde der Nationalen Universität der Künste in Bukarest ausgezeichnet. Sie darf auch in den Westen reisen, wovon sie gerne Gebrauch macht.

Ab 1960 werden Werke von ihr in Gruppenausstellungen an verschiedenen Biennalen ausgestellt, so in Venedig, Istanbul und San Paolo. Ab 2008 ist sie mit Soloausstellungen in westlichen Galerien und Museen vertreten.




"Atelier", Silbergelatinedruck,4-teilig, je 40 x 40 cm1979-2018

Es gibt kaum ein Medium, das sie nicht ausprobiert: Filme, Installationen, Papier Fotos, Textilien, Collagen, Zeichnungen, oft in Verbindung mit Texten. Ihre grösstes Interesse gilt den Körper und die Verbindung von Kunst und Leben.

Das Atelier spielt in Geta Brătesc's Leben eine zentrale Rolle. Es wird ihr Zufluchtsort und eine Bühne für ihre Installationen, Performances und Film Produktionen.

Ion Grigorescu, ein weiterer bedeutender rumänischer Konzeptkünstler, porträtiert sie 1978 in seinem berühmten Film „Atelierul“ (Das Atelier) wie sie physisch mit dem Atelier um sie herum kommuniziert, wie wenn es etwas Lebendiges wäre.


2017 nimmt sie, 87-jährig - an der Biennale in Venedig mit einer Auseinandersetzung („Apparitions“) in Form einer Lebenslaufbefragung im Regime Ceausescu teil und erlangt endlich den internationalen Durchbruch. Im gleichen Jahr stellt sie ihre Arbeiten an der Dokumenta 14 in Kassel und Athen aus.


Ohne Titel, 2007, Collage und mit geschlossenen Augen angefertigte Zeichnung of Papier, 100 x 70 cm, 102,7 x 72,7 cm

Der Vogel ist ein Motiv, das sie oft verwendet. Er taucht immer wieder auf  wie z.B in dem Gedicht Călătorul (The Traveller) von 2002.

"Elnoi", 2006," Leporello, mit geschlossenen Augen angefertigte Zeichnung auf Papier, 16-teilig, 12 x 272 cm


"Die Geschcihte des unbekannten Vogels", 2011, mit geschlossenen Augen angefertigte Zeichnung auf Papier in 5 Teilen. 72,5 x 66 cm
 
"Die Geschcihte des unbekannten Vogels", Detail
"Die Linie", 2009, Zeichnung und Collage auf Papier, 6-teilig, 171 x 37,7 cm (Detail)


Ohne Titel, 2006, Zeichnuung und Collage auf Papier, 50 x 70,5 cm

"Verpuppter Fächer", 2002, Fächer, Schnur, 29 x 2,5 x 2 cm

"Die Linie", 2009,  Collage und Zeichnung auf Papier, 65,8 x 43,8 xm

"Anthropomorphes Objekt", 2007, Collage und Tempera auf Papier, 110 x 20 cm

"Anthropomorphes Objekt"2Canzone,, Detail
"Canzone", 1977, Serie von 4 Zeichnungen, Tinte und Wasserfarbe auf Papier, 119 x 47 cm

"Das Atelier", 1970, Lithografie auf Papier, 6-teilig, Exemplar 1 von 10, 56 x 43 cm

Kurz vor der Eröffnung der Ausstellung im n.b.k in Berlin. stirbt Geta Brătescu 92-jährig. In den letzten Jahren hat sie ihr Atelier kaum noch verlassen.


Geta Brătescu macht auch ihre Feminität zum Thema mit Hilfe von Stoffen, Theaterkostümen und Spiegeln, Gegenstände, womit die die Fragilität des Körpers und des Lebens im Allgemeinen ausdrücken will. Ihre Installation „No to Violence“ (1974) symbolisiert mit ihrer Masse an Stoff und Bandages einen müden und deformierten Körper.

Vestigii, 1987, textile Arbeit

Vestigii 2, 1987, textile Arbeit
 (Obige Fotos sowie die folgenden Medea -Serie sind der folgenden Website entnommen:)

https://awarewomenartists.com/en/artiste/geta-bratescu/

"Hypostasis of Medea, No. 7", 1980 (textile Arbeit)
 
"Hypostasis of Medea", 1980 (textile Arbeit)
"Hypostasis of Medea", 1980 (textile Arbeit)
Auf ihre textilen Arbeiten angesprochen sagt sie: “ Ja,. Ich habe Tapisserien gemacht, aber ich habe es aufgegeben, weil es zu schwierig war, zu anpsruchsvoll. Sie verfallen auch zu schnell und sind schwierig aufzubewahren. Aber ich habe die Medea Serie gemacht. Da sind textile Arbeiten, die ich selber gemacht habe. Sie haben auch eine verenünftige Grösse.“ (Aus einem Interview mit Adriana Oprea, publiziert in "ArtMargins"(online) am 23 December 2013)


«Sie arbeitet in Serien, untersucht, erforscht, variiert und wiederholt ihre Gegenstände. Brătescu wählt starke Symbole. Den Magneten etwa, der anzieht und abstößt – „Magnete erinnern die Menschen an ihren eigenen Willen“, erklärte sie 1974. Den weiblichen Körper, den sie mit geschlossenen Augen zeichnete, allzu Bekanntes, Unbekanntes. Ihre eigenen, schmalen Hände. Das Atelier als Rückzugsort.» ( Aus „WELT", Hamburg, Geta Brătescu , https://www.welt.de/regionales/hamburg/article154846846/Schluesselwerke-aus-mehr-als-sechs-Jahrzehnten.html )


"Magnetii in Oras", 1974,  Fotomontage, Foto von Timothy Doyon
Entnommen hier: https://artillerymag.com/geta-bratescu/

„Geta Brătescu war eine wahre Künstlerin, die auch in den dunkelsten Zeiten ihr Gefühl für das Spielerische und für die Freiheit nie verlor“ sagt der Galerist Iwan Wirth, der sie representiert, in seinem Nachruf. „sie hat den Geist eines jungen Menschens.“


Sie selber sagt: „Das Zeichnen vermittelt mir ein Gefühl der Freiheit. Ich zeichne, als würde ich durch einen leeren Raum gehen oder fliegen.“ (Zitat aus : Alina Șerban: Daybook documenta 14. Pestel Verlag, München, London, New York, 2017)

Und: „Ich habe zu viel gearbeitet, ich arbeite immer noch nonstop. Das Atelier ist voll.“ 

Mittwoch, 12. Dezember 2018

Wordless Wednesday

von Grietje van der Veen


Freitag, 7. Dezember 2018

Edith Meusnier

von Bea Bernasconi


Das Werk von Edith Meusnier hat meinen Blick in der Villa Datris sofort gefangen, ich fand diese leichten Tetraeder unwahrscheinlich attraktiv und war wie gefesselt.

"en oblique", Villa Datris, 2018,  Foto Bea Bernasconi

Ich habe mir dann auch sofort die Home Page von Edtih Meusnier angesehen und alle erdenklichen Artikel und Notizen über ihre Werke im Internet angeschaut und gelesen.

Ich habe die Künstlerin kontaktiert und sie hat mir freundlicherweise die Erlaubnis erteilt alle ihre Bilder von der Home Page ungehindert zu benutzen.

Edith ist 1950 in Frankreich geboren, nachdem sie in vielzähligen internationalen Kunst und Textilausstellungen teilgenommen hatte, entschied sich 1996 dafür Paris zu verlassen und sich in der Region der Picardie, im Norden Frankreichs, zirka eine Autostunde von Paris entfernt niederzulassen.

Sie begann ausschliesslich im Freien zu arbeiten und hat Ihren Garten sozusagen in ihr Labor verwandelt.

Ihre Arbeiten sind dem kollektiven Raum gewidmet. Edith Meusnier biegt und flechtet metallische Fäden, Plastikbänder von Packungsmaterial oder Geschenkbänder mit welchen sie vergängliche, flexible und zum Teil sehr farbige Strukturen kreiert, welche sie dann zwischen Bäumen und Sträuchern, über dem Wasser oder in Kanälen installiert.
Sortilège, Festival Arten, la Ferté-Bernard, 2010
en contrepoint, Aumont 2011

Die Installationen sind alles andere als starr, das transparente, leichte und farbige Geflecht reflektieren sich im Licht, kräuselt sich bei einer leichten Brise und schaukelt im Wind. Die Installationen sind nur für eine Saison in den Pärken von Schlössern, in Klöstern oder in Vorgärten von Museen zu sehen.
en contrepoint, fôret d'Halatte, 2012

Edith Meusnier beginnt jedes neue Projekt mit dem Besuch der Umgebung wo es dann installiert werden soll, Sie wählt das Material, die Farben und die Form je nach dem Terrain, dem Klima oder dem Licht des Ortes. Wälder, Teiche, Flüsse oder offene Szenen, städtisch oder eher ländliche Umgebung, bewegt oder stationär sind alles Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt.
forêt d'Halatte, 2017

forêt d'Halatte, 2017

ombrage, 2018


Edith Meusnier liebte es von Anfang an mit Stoffen, Bändern und Fäden zu arbeiten, sie liebt die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Materials, das manipuliert transformiert und verzerrt werden kann. Nachdem sie die reiche präkolumbianischen Textilien entdeckt hatte studierte sie intensiv die Techniken des Flechtens Webens und Färben. Ausserdem hat sie Textil Design und industrielle Erzeugung studiert nur um die Ungebundenheit und Einfachheit zu fördern und zu verbreiten.

Ohne Werkzeug, nur mit Ihren Händen kreiert sie riesige farbige Strukturen und lässt diese in der Landschaft tanzen.
en ronde, 2018

frondaison, 2018

Interlude, 2009
Mehr Bilder können sie sich hier anschauen.

Edith Meusnier arbeitet mit der Sprang Technik.

Sprang ist eine textile Handarbeitstechnik zur Herstellung netzartiger Geflechte. Man braucht dazu parallel gespannte Fäden die gekreuzt oder verdreht werden ohne einen Webrahmen oder Schussfaden zu benutzen. Man hat früher damit Haarnetze, Beutel, Gürtel, Spitzen artige Handschuhen oder sogar Strümpfe gearbeitet.

Die ältesten Hinweise auf die Sprangtechnik stammen aus dem Neolithikum (3000-1500 v. C.)

Eines der ältesten erhaltenen Sprang Geflechte hat man 1871 in einem Grabhügel aus der Bronzezeit in Dänemark in der Nähe von Aarhus gefunden, ein fast komplett erhaltenes Haarnetz aus feiner Wolle.

Eine grosse Anzahl an Sprangtextilien, stammen aus koptischen Gräbern. Technisch sind diese Sprangarbeiten sehr weit entwickelt.

Interessierte können hier mehr darüber erfahren oder sich auch dieses Video anschauen. Oder einfach mal Sprang in Google oder eine andere Suchmaschine eingeben.

Es gibt übrigens ein Buch dazu:

Peter Collingwood; The Techniques of Sprang: Plaiting on Streched Thread, es ist allerdings nicht gerade billig!