Von Ursula
Suter
Vor einigen
Tagen schenkten wir, (Judith, Grietje und ich), uns „einen freien Tag“, um im NMB Neues Museum Biel / Nouveau Musée Bienne
die Ausstellung „Lissy Funk, Von Generation
zu Generation“, zu besuchen.
Die
Ausstellung dauert noch bis zum 01.01.2017 und ist absolut empfehlenswert. Sie zeigt
die künstlerische Entwicklung von Lissy Funk auf und stellt ihre
Werke den Arbeiten ihres Mannes dem Maler Adolf Funk und der gemeinsamen
Tochter Rosina Kuhn gegenüber.
Die
informativen Texte sind der Ausstellung entnommen und sind jeweils am Ende des
Abschnittes mit
Text Quelle NMB bezeichnet.
Alle Bilder ohne Namenangaben sind Stickereien von Lissy Funk.
Gleich am
Anfang der Ausstellung, bei den ersten zwei Wandteppichen wird bewusst welche „Metamorphosen“
im künstlerischen Bereich, Lissy Funk in
ihrem langen leben durchschritten hat.
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Die Quelle 1939 |
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Das goldene Tor 2005 |
Lissy Funk
(1909 – 2005) schuf mit Nadel und Faden ein aussergewöhnliches Werk, welches
innerhalb der Textilkunst des 20. Jahrhunderts einen besonderen Platz einnimmt.
Als Bildstickerin gestaltete sie für diese Gattung ungewöhnlich grossformatige
Werke. Miniaturen fanden in ihrem künstlerischen Spätwerk ihren Platz. Von der
mehr und mehr in den Raum eingreifenden und skulpturalen Textilkunst ab den
1960er Jahren unterscheidet sich Lissy Funk insofern, dass sie ihre Werke für
die Aufhängung an die Wandkonzipierte. Ihre Stickereien sind immer genuine
Arbeiten in diesem Metier, da sie nicht einfach Gemälde auf einen textilen Trägerkopierte.
Nadeln und Faden waren ihr, was Malerinnen und Malern Pinsel und Farbe
bedeuteten. Mit ihnen schuf die ureigene Kreationen, die die technischen Grenzen
ausloteten und mit neuen Lösungen die Textilkunst reformierten. Über sechzig
Jahre verbrachte Lissy Funk an der Seite ihres Ehemannes, dem Maler Adolf Funk
(1903 – 1996). Die beiden standen in einem stetigen intellektuellen und
künstlerischen Austausch. Sie inspirierten sich gegenseitig, was sich in einer
Annäherung ihrer Formensprache manifestiert. Beide blieben aber stets ihrem
eigenen künstlerischen Medium – Lissy Funk der Stickerei und Adolf Funk der
Malerei, den Collagen und Mosaiken – treu.
Text Quelle NMB
Adolf Funk hat ähnliche Wandlungen wie seine Frau
durchschritten. Wie uns die freundliche Frau am Empfang erzählte, stammt das Wandgemälde
im Eingang des Museums von Adolf Funk. (Das Datum kenne ich leider nicht) Er
wuchs in Nidau auf, einer Nachbargemeinde von Biel.
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Adolf Funk |
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Adolf Funk ohne Titel 1991 |
DAS FRÜHWERK
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Das junge Paar 1950 |
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Detail einer Decke 1952 |
Lissy Funk entdeckte gerade mal mit achtzehn Jahren – nach einer abgebrochenen experimentellen Tanzausbildung – die Bildstickerei, die sie sich autodidaktisch aneignete. Das Frühwerk der Künstlerin gestaltet sich figürlich und lässt Spuren ihrer grossen Vorbildern erkennen – den französischen, flämischen und englischen Bildteppichen aus dem 15. Und 16. Jahrhundert. Fasziniert von d deren reichen Bildwelten, entwarf Lissy Funk ihre eigenen Kompositionen. Es entstehen ebenso Gebrauchstextilien, etwa Tischdecken, die mit Pflanzen- und Tiersujets bestickt sind.
In Zürich traf sie auf Adolf Funk einen Jungen Maler, den sie 1935 heiratete. Adolf Funk studierte, nach einer Lehre als Dekorationsmaler in Biel und dem Besuch der Gewerbeschule in Basel und Vevey, „dekorative Malerei“ an der Staatsfachhochschule für angewandte Kunst in München 1931 lässt er sich in Zürich nieder.
Lissy Funk war bestrebt, in ihren Arbeiten auch eine spirituelle Erfahrung auszudrücken. Im figürlichen Frühwerk zeugt eine christliche Ikonographie von ihrem Glauben und einer Verbundenheit mit der Schöpfung. In ihren abstrakten Kompositionen ab den 1960er- Jahren ist das geistige Moment weniger offensichtlich und erschliesst sich häufig erst durch die Werktitel.
Text Quelle NMB
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Engel 1948 |
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Detail |
DAS ÜBERGANGSWERK
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Mädchen mit Spiegel 1957 |
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Detail |
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Und sie singt doch 1959 |
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Detail |
Bereits um das Jahr 1960 beginnt sich die Bildsprache von Lissy Funk zu verändern. Die Kompositionen setzen sich teilweise aus wenigen ausgewählten Farben zusammen, ein Spiel zwischen hellen und dunklen Fäden, die Sujets noch als solche erkennbar, jedoch bereits stark abstrahiert. Hier lassen sich Parallelen zum künstlerischen Werk ihres Mannes finden.
In den 1950er- Jahren wandte sich Adolf Funk vermehrt der Abstraktion zu. Kunst bleibt dabei für ihn jedoch stets eine Darstellung des inneren Erlebens, nun aber nicht mehr über den Umweg des Gegenständlichen. Anders als bei seiner Frau existieren bei ihm jedoch beide Wege – die figürliche und die abstrakte Bildsprache parallel. Neben gestisch geprägten Arbeiten, schuf Funk viele Werke, die geometrische Formen aufweisen. Im Gegensatz zur konkreten Kunst, die nach mathematischen Prinzipien fandet, interessiert ihn das Zufällige von Raum-, Farb- und Formenkompositionen. Funk betonte die Wichtigkeit des intuitiven Moments im Werkentstehungsprozess. Eine zufällig gesetzte Farbe auf dem Bildträger etwa konnte der Ausgangspunkt für weitere Form- und Farberkundung sein.
Text Quelle NMB
Rosina Kuhn (1940 lebt in Zürich), die gemeinsame Tochter des Künstlerpaares, erschafft mit Malerei, Zeichnungen und Monotypien stimmungsvolle Bilder. Die präsentierte Arbeit grossformatige Arbeit nimmt ein Thema auf, welches ihren Vater ein Leben lang begleitete – die Darstellung von Bäumen.
Text Quelle NMB
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Rosina Kuhn Blutbuche 2005 |
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Adolf Funk Bäume 1987 |
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Lissy Funk Skizze |
„Mit dem Bleistift ging es mir zu geschwind. Nicht die Zeichnung war es, die mir half; es musste etwas Festeres sein, etwas, das man mit den Händen halten konnte. So kam mir die Nadel in die Hand. Mit ihr konnte ich meiner Vorstellung nachfolgen, langsam, Stich für Stich. Auf kleinen Stückchen Stoff fing ich an, mit weissen, mit blauen Fäden. Einmal die se Ausdrucksmöglichkeit gefunden, sozusagen einen Zipfel der Stickerei in den Händen haltend, liess ich sie nicht mehr los, und sie nahm mich ganz in Besitz“
Aus: Lissy Funk, „Lissy Funk über ihre Arbeiten“ in: Lissy Funk, hrsg. Von Fritz Billeter und Rosina Kuhn, Zürich: Scheidegger & Spiess 1999
Text Quelle NMB
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Der kleine Garten 1962 |
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Detail |
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Rosina Kuhn ohne Titel 1963 |
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Lebensbaum 1964 |
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Detail |
„Angefangen habe ich in der Jugend mit der Wiedergabe dessen, was mich im täglichen Leben beschäftigte: Bäume, Blumen, Tiere und Menschen. Und dann erlebte ich zu meinem Erstaunen, dass diese mir so gewohnte Art sich mir langsam entzog, sich aus meinem Sinn entfernte. Das war schrecklich. Ich dachte das ist das Ende. Das ging so eine ganze Weile. Dann allmählich, kam ich dazu in mich selbst hineinzuschauen. Ich fand in mir Bewegung, Erlebtes, Gehörtes, Erfahrungen, und ich versuchte, diese ans Licht zu bringen, in meine Nadel zu geben, und so kam ich zu mir selbst. Das gab mir Mut. Und langsam entstand auf diese Weise meine eigene Welt. Das war ungefähr im Jahr 1966. Seitdem bin ich in diesem Schaffen daheim“
Aus: Lissy Funk, „Lissy Funk über ihre Arbeiten“ in: Lissy Funk, hrsg. Von Fritz Billeter und Rosina Kuhn, Zürich: Scheidegger & Spiess 1999
Text Quelle NMB
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Im Grien (Auenlandschaft) 1986 |
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Detail |
DIE
ABSTRAKTION
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ohne Titel 1969 |
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Detail |
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Der fröhliche Ausblick 1971 |
Ende der
1960er- Jahre findet Lissy Funk ihre ganz eigene Bildsprache. Nachdem die
Künstlerin die Abstraktion einmal für sich entdeckt hat, blieb sie dieser
Ausdrucksweise treu. Es entstand ein nonfiguratives Werk mit grossformatigen
Arbeiten, die in ihrer Dimension, der Form und Farbgebung ganze Räume
einzunehmen vermögen. Natürlich steht Lissy Funk mit ihrer Entwicklung hin zu
einer abstrakten Kunst nicht alleine da, einzigartig ist jedoch das von ihr
gewählte Medium und die damit verbundenen Möglichkeiten der Gestaltung der Oberflächenbeschaffenheit,
welche durch den Einsatz verschiedener Materialien und Stiche in ihre Struktur
mannigfaltig verändert werden kann.
Der über
sechzig Jahre andauernde intellektuelle und künstlerische Austausch des
Ehepaares Funk, zusätzlich gefordert durch die räumliche Nähe der beiden –sie
teilten sich ein gemeinsames zweigeschossiges Atelier – zeigt sich in einer
partiellen Annäherung ihrer Formensprache.
Text
NMB
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La canzone della vita 1971/72 |
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Detail |
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Entwurf Collage 1971 |
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Adolf Funk Rot Weiss 1975 |
KLEINE
FORMATE
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Bongiorno 1972 |
Ab den 1980er- Jahren wendet sich Lissy Funk vermehrt kleineren Formaten zu. Ab den 1990ern entstehen in zunehmendem Mass Miniaturen. Funks technische Virtuosität manifestiert sich sowohl im grossen wie im kleinen Format. Bei der Anfertigung der grossformatigen Werke war die Künstlerin stets auf die Hilfe von Assistentinnen angewiesen, oft bis zu fünf Personen, die an den Teppichen mit stickten. Für das kleine Format benötigte sie keine Unterstützung und die Künstlerin konnte sich nun vollkommen frei in neue Experimente hineingebe.
Text Quelle NMB
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Weisse Komposition 1972 |
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Detail |
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Adolf Funk ohne Titel 1975 |
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La Idea 1974 |
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Weisse Miniatur 1983 |
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Detail aus Gleichgewicht 1983 |
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Detail aus das Lied der Glocken 1986 |
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La vita 2005 |
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Annemarie Goldschmied (1930 - 2016) Lissy Funk (1909 - 2005) Paradies 2005 |
„Zuerst
spricht der Teppich zu einem, und dann wenn man Glück hat, fängt er an zu
singen. Ein solches Singen erhebt sich, wenn man eine Ausstellung mit alten
Teppichen betritt, und ich wünsche mir, dass es bei meinen auch geschehen
möge.“
Aus Lissy Funk, „das Sticken ist eine
Religion. Wenn ich es nicht mehr könnte, wäre das für mich eine grosse Strafe“,
Lissy Funk im Gespräch mit Fritz Billeter, in Lissi Funk, hrsg. Von Fritz
Billeter und Rosina Kuhn, Zürich: Scheidegger & Spiess 1999
Dr. Bernadette Walter Direktorin und
Kuratorin der Ausstellung schickte mir den Link zum Pressespiegel
Ich danke ihnen für ihre Geduld diesen langen Blog bis zum Schluss zu lesen und anzuschauen. Sicher sind Sie mit mir einverstanden wenn ich ausrufe: " Welch reiches Leben welche Vielfalt an Bildern welches Können!",