von Cécile Trentini
Weitere Arbeiten von William J. O’Brien
Genauso wie der Lake Michigan sich in immer wieder neuen Farben zeigt (siehe Wordless Wednesday), so kann man auch in William O'Brien's Werk immer wieder neue Facetten entdecken: Referenzen an die Kunstgeschichte, Tiefsinniges, Verspieltes, Provokatives, usw.
In meinem letzten
Post habe ich hauptsächlich die textilen Arbeiten dieses Künstlers vorgestellt. Heute möchte ich weitere Werke zeigen, die Einblick gewähren in die vielen unterschiedlichen Genres, in denen O'Brien arbeitet und die eben diesen Facettenreichtum illustrieren:
(Wenn nicht anders vermerkt stammen alle Zitate aus den Ausstellungstexten. Alle Texte wurden von mir aus dem Englischen übersetzt)
Collagen und Zeichnungen
Beide Werke: Untitled 2008, Mixed Media auf Papier, Leihgabe des Künstlers und der Marianne Boesky Gallery, New York
"O’Brien betrachtet Zeichnen als das Fundament für seine Arbeit in allen anderen Medien, er nennt es die Struktur des Hauses" (Naomi Beckwith „A World Created“, Essay im Katalog)
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Untitled 2008, Tinte auf Papier,
Leihgabe des Künstlers und der Marianne Boesky Gallery, New York |
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Untitled 2007 bis 2008, Buntstifte und Tinte auf Papier |
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Detail |
"Traditionell erstellen Künstler Zeichnungen als schnelle Skizzen oder vorbereitende Studien für grössere Arbeiten. Für O’Brien spielt Zeichnen eine zentralere Rolle. Eine Grundlage für seine Arbeit, dient es zugleich als regelmässige Aktivität in seinem Atelier, wie auch als Startpunkt für seine Werke in anderen Medien. Die kleinen Zeichnungen und Collagen, die hier gezeigt werden, sind ins sich fertige Werke. Gleichzeitig zeigt ihre lockere, ungeplante Qualität sein Interesse am Prozess an sich – die Idee, dass ein Kunstwerk ebenso aus einer Serie von Aktionen und Ereignissen besteht, wie auch aus den effektiven Materialien. O’Brien erklärt: “Diese Ausstellung erzählt die Geschichte wo ich ein Werk beginne, wo es in einem freien Entstehungsraum existiert und wo es beschliesst aufzuhören“.
O’Briens Buntstiftzeichnungen erscheinen sorgfältig geplant und rigoros geometrisch. Auf einer tieferen Ebene, sind diese lebhaften Kompositionen Übungen im Kontrollieren und Loslassen, ein Mittel um eine Balance zwischen Selbstdisziplin und Spontaneität zu finden. O’Brien beginnt seine Zeichnungen indem er ein gestisches Zeichen oder eine Frottage auf einem weissen Blatt Papier anbringt. Diese „Unter-Zeichnung“ bildet eine unsichtbare Struktur, die zur endgültigen Form der Komposition führt und zu einem Gefühl von Bewegung und Tiefe beiträgt."
Spannend auch die ungewohnte Verwendung von Glitterleim in seinen Zeichnungen
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Untitled, 2011
Buntstiffte und Glitterfarbe auf Papier
Privatsammlung, Chicago |
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Detail |
und wieder das Einbeziehen von textilen Materialien
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Untitled 2012
Buntstifte, Tinte, Glitter und Filz auf Papier
Privatsammlung New York |
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Detail |
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Detail, die schwarzen Dreiecke sind aus Filz |
Skulpturen
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Walls and Doors 2012
Pulverbeschichteter Stahl
Leihgabe des Künstlers und der Marianne BoerskyGallery, |
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Untitled, 2007
Leihgabe des Künstlers und der Shane Campbell Gallery, Chicago |
"Im Gegensatz zu traditionellen Skulpturen, sind O’Briens Objekte nicht aus einem Material wie Stein gehauen oder Kupfer gegossen, sie bestehen aus einer Vielzahl von Einzelteilen oder Materialen, die zusammengefügt werden wie Stücke eines Puzzles und verbunden sind durch Schweissen, Nähen, Verpacken oder Verschnüren und dann übermalt oder glasiert werden.
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Untitled 2013
Pulverbeschichteter Stahl
Leihgabe Künstler und Marianne Boesky Gallery, New York |
"In seinen Metallskulpturen und Faden umwickelten Gebilden benutzt O’Brien ein taktileres Material, um Form und Komposition zu erforschen. Die Formen, die er in seinen Zeichnungen entdeckt hat in drei-dimensionale Formen übersetzend, demonstrieren seine Skulpturen eine Beziehung zwischen negativem und positivem Raum. In jeder seiner Metallskulpturen fügt er gestanzte Stahlstücke in ein scheinbar prekäres Gefüge zusammen, welches dann pulverbeschichtet wird, um eine einheitliche Farbe und Oberfläche zu erzielen. Aus verschiedenen Blickwickeln betrachtet, scheint sich die Anordnung der ausgeschnittenen Formen zu bewegen wenn die Einzelteile sich überlappen, wodurch die Metallskulpturen ein zusätzliches Gefühl der Leichtigkeit erhalten."
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Detail |
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Untitled 2013
Mixed Media auf Holz
Leihgabe des Künstlers |
Keramikarbeiten
"O’Briens erste Begegnung mit künstlerischem Schaffen fand im High School Töpferunterricht statt. Er war fasziniert von den Möglichkeiten des Tons und der „mystifizierenden Anziehung“ der Töpferscheibe. Interesse an der Materie, trieb O’Brien zu seiner Arbeit mit Lehm und Ton.
Lehm ist grundsätzlich flexibel und fängt die Unmittelbarkeit der menschlichen Hand ein und ist daher ein ideales Medium für O’Brien, um das Zusammenspiel von Kontrolle, Spontaneität und Gestik zu erforschen. Wenn er mal gebrannt ist, bekommt Ton eine feste, gehärtete Form, die nicht mehr verändert werden kann. Es ist die Möglichkeit des Scheiterns – die Glasur wirkt vielleicht nicht unbedingt so wie geplant - wie auch die Zerbrechlichkeit und Geläufigkeit von Keramik, die ihn dazu inspiriert, sie herzustellen.
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Untitled 2011
glasierte Keramik
Leihgabe des Künstlers und der MarianneBoesky Gallery, New York |
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Unitled 2011
glasierte Keramik
Leihgabe des Künstlers und der Shane Campbell Gallery |
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King Lear & the Bandit Queen 2007
Mixed Media
Sammlung Theodore J. Argiris Jr. |
Installationen
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Detail aus oben gezeigter Installation |
"In dieser Installation, wie in vielen seiner anderen Werke, lehnt sich O'Brien an das Erbe des Minimalismus an, eine Kunstbewegung in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, die sich definiert durch reduzierte Formen, die Verwendung von industriellen Materialien und dem Anspruch, dass die Persönlichkeit des Künstlers im Werk nicht erscheinen soll. Jedoch setzt O'Brien der Kargheit des Minimalismus einen Überfluss an Farben und Materialien entgegen und veranschaulicht sowohl eine Psychologie des Körpers wie auch die Präsenz der Künstlerhand.
O’Brien hat die Skulptur Installation in der Mitte dieses Raumes spezifische für die Ausstellung geschaffen. Er erklärt: „Die neuen Werke für die Ausstellung entstanden aus einer Idee, die ich hatte, emotionalen und psychologischen Qualitäten ein Denkmal zu setzen. Diese Werke bestehen aus gestapelten Formen und sollen sowohl auf diese psychologische Zustände aufmerksam machen, wie auch das historische Verständnis dessen, was Denkmäler darstellen, einbeziehen und zugleich widerlegen. Ich möchte, dass am Schluss diese neuen Werke für den Betrachter sowohl ein Ort der Zuflucht wie auch der Abscheu sind."
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Cinaedus Table, MDCCLXXV, 2007
Keramik, mixed media und gefundene Objekte
Sammlung Martin und Rebecca Eisenberg |
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Detail |
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Detail |
Ich kann nicht sagen, dass mir alle Werke in dieser Ausstellung gefallen haben, einige finde ich wirklich nur schwer zugänglich oder verständlich, aber faszinierend und inspirierend sind sie allemal.
Erstaunlich und erfreulich finde ich auch, dass diese Arbeiten, die sich zumindest teilweise in der Wahl der Technik und Materialien (Textil und Keramik, Genähtes und Getöpfertes) von der sonst häufig technologisierten modernen Kunst so unterscheiden, in einem Museum für zeitgenössische Kunst gezeigt werden. Oder, um es mit den Worten von Naomi Beckwith in ihrem Essay „A World Created“ zu sagen:
"Diese Ausstellung bekräftigt die Wichtigkeit seines (O'Briens)Werkes in der fortwährenden Diskussion über die Rolle von Kunsthandwerk und dem Handgemachten in einer Zeit des digitalen Überflusses."