Vor einiger Zeit habe ich mir vorgenommen, wieder einmal etwas für meine Fitness zu tun und täglich eine halbe Stunde zügig zu gehen, oder wie das Neu-Deutsch so schön heisst, zu walken.
Ich denke, wir haben das alle schon mal erlebt: ein solcher Vorsatz ist schnell gefasst, ebenso schnell aber kommt das erste Mal, wo man denkt "heute habe ich wirklich keine Zeit", und dann weitere Male "heute ist es wirklich zu kalt" oder "zu heiss" oder "ich habe ja schon gestern dies oder das für meine Gesundheit getan, jetzt muss ich heute nicht schon wieder…" und ehe man es sich versieht, hat man den Plan wieder aufgegeben. Es war also klar: wollte ich nicht, dass dieser gute Vorsatz ein weiterer Pflasterstein auf meinem Weg zur Hölle wird, musste ich etwas finden, um mich selbst zu überlisten. Ich beschloss daher, den Vorsatz in ein Werk-Projekt zu packen. Das geht so: Ich marschiere mit Timer und Fotoapparat los, nach 15 Minuten klingelt die Uhr, ich mache ein Foto da, wo ich in dem Moment grad stehe und kehre dann wieder nach Hause zurück; und schon habe ich 30 Minuten walken hinter mir! Jedes Foto schneide ich auf ein Quadrat von 10 x 10 cm zu und drucke es dann auf Stoff. Die einzelnen Fotos werden chronologisch zu einem Ganzen zusammengefügt.
Ziehe ich das 100 Tage durch, erreiche ich ein Format von 100 x 100 cm, das zugleich Fotoalbum, Tagebuch und StoffWerk ist!
Ich habe das Privileg an einer tollen Lage zu wohnen: geht man 10 Minuten runter, ist man am Fluss
Geht man 10 Minuten rauf, ist man am Waldrand
Aber rauf geht es halt immer, entweder am Anfang oder am Ende... Ausser die Bequemlichkeit siegt und ich wende mich nach links oder rechts, wenn ich aus dem Haus bin, und gehe Parallel zur Steigung. Dann bleibe ich zwar in den Quartierstrassen, aber auch da gibt es mehr als genug spannende oder witzige Fotosujets.
Innert weniger Tage war ich "angefixt". Mittlerweilen finde ich, es gibt keine bessere Art den Tag zu beginnen als zügiges Gehen in der Morgenfrische - ich bin schon fast süchtig danach! Und es ist ein ganz anderes, kurzweiliges Gehen, wenn man den Blick schweifen lässt auf der Suche nach einem guten Fotomotiv.
Ich liebe die Geschenke des Zufalls, wie die (bildungs)hungrige Kuh vor der ETH Tafel (siehe Worldless Wednesday), ich liebe es zu beobachten wie, altbekannt und doch immer wieder faszinierend, eine gleiche Landschaft ganz anders aussehen kann, je nach Wetterlage
oder Tageszeit
wie etwas, je nach Standpunkt, so verzerrt werden kann, dass man zwei Mal hinschauen muss, um es richtig zu erkennen
oder wie gleiche Dinge immer wieder anders aussehen können, wenn man den Blickwinkel verändert
Wenn all das nicht zieht, dann kann ich meistens den inneren Schweinehund immer noch mit Hilfe der "Angst vor dem weissen Quadrat" besiegen. Denn Tage an denen ich nicht gehe, bleiben in der Gesamtkomposition weiss. Und solche Ansichten, will ich ja möglichst vermeiden...
Nebst dem Genuss für die Sinne, ist das Gehen natürlich auch eine wunderbare Möglichkeit in Ruhe über tausend grosse und kleine Dinge nachzudenken; über die Wege, Irrwege, Umwege, Abzweigungen des Lebens zu sinnieren.
Nun, mein eigener Weg hat eine Wendung genommen, die mich dazu geführt hat, nach vielen Schritten und reiflichem Überlegen, meine Mitwirkung bei TAFch zu beenden.
Dies war somit also auch mein letzter Blog-Beitrag.
Ich möchte mich bei euch, liebe Leserinnen, bedanken für die Treue, das Interesse und die netten Kommentare, die stets eine grosse Motivation waren, die Blog-Arbeit weiterzuführen.
Auch möchte ich an dieser Stelle das neue TAFch Mitglied Ursula Suter nochmals ganz herzlich willkommen heissen. Es freut mich sehr, dass du dich in der Gruppe engagierst. Ich wünsche dir viel Freude dabei und bin gespannt auf deine Blog-Beiträge, die mir sicher auch ermöglichen werden, eine weitere Sparte der Textilkunst zu entdecken und besser kennen zu lernen.
Und ich möchte mich bei euch, Judith, Grietje und Gabi bedanken für diese schöne, spannende, bereichernde, "TAFe" Zeit. Wir haben diese Gruppe gemeinsam gegründet, uns hohe Ziele gesetzt und bereits viel erreicht. Aber, wie man so schön sagt, es gibt noch viel zu tun, packt es an!
Ich wünsche euch dafür viel Energie, viel Spass und viel Erfolg!