von Grietje van der Veen
In den 70-er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts erfuhren Patchwork und Quilten eine Renaissance und zahlreiche nationale Gilden wurden in kurzen Zeitabständen gegründet.
Was hat nun die fast schlagartige Begeisterung fürs Patchwork und Quilten verursacht? In der Hobbywelt sieht man oft solche Phänomene. Das einst so beliebte Macramé wurde z.B. plötzlich überall geknüpft. Die Begeisterung dafür legte sich aber ebenso schnell wieder. Über die Geschichte des Patchwork und Quiltens liesse sich ein eigener Beitrag schreiben. Weiter unten werde ich darauf eingehen, wie es kam, dass die Begeisterung dafür sich in so kurzer Zeit in Europa verbreitete.
Zuerst aber zu den Jubiläen, die die Gilden in diesen Jahren feiern, insbesondere zum 25-jährigen Jubiläum von patCHquilt, das vom 8.-11. Mai in Solothurn stattfand.
Nicht nur die schweizerische Gilde „patCHquilt“, auch die belgische (02.-5. Oktober 2014) und ungarische Gilde (3.-20. August?) feiern dieses Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum, was die drei Vereine veranlasste, einige Aktivitäten gemeinsam anzugehen unter dem Motto „LET’S CELEBRATE TOGETHER“. Sie tüftelten ein kompliziertes System des Stoffeuntereinanderaustauschens aus, dessen Struktur ich hier so wiedergebe, wie sie auf der Anzeigetafel stand, da meine linke Hirnhälfte mit der Interpretation ziemlich überfordert war.
Aber alle Achtung für die Künstlerinnen, die die ihnen gestellten Aufgaben bravourös meisterten. Hier einige Beispiele:
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Die Schweizerin Rita Merten hat die oberen vier Stoffe nach Belgien geschickt und Nicole Demaerschalk hat daraus das untenstehende Werk gemacht. |
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Rita Merten ihrerseits erhielt von der Ungarin Magdalna Acélos Solymar vier Stoffe, aus denen sie einen Rosenstrauss für Magdalna zauberte. |
Das patCHquilt Festival bot mehrere Ausstellungen.
Abgesehen von der oben erwähnten Zusammenarbeit mit den Schwestergilden
war auch Gudrun Heinz mit „Langeweile“ präsent. An der Vernissage des
Festivals verlieh Gudrun den ersten Preis ihres Wettbewerbs an Edda
Frei.
Auch die am Festival amtierenden Kursleiterinnen, die
Vorstandsmitglieder und ich als eine der Jurorinnen des Wettbewerbs
waren in einer gemeinsamen Ausstellung mit je 2-3 Werken vertreten.
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Die britische Kursleiterin Barbara Weeks beim Nassfilzen |
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Zwei kleine Werke von Barbara Weeks auf schwarzem Hintergrund |
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Gabi Mett: "Hortus", Detail |
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"Spring", eine tolle Arbeit von Mariyline Collioud |
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Verena Lenzlinger unterwegs in Wales. Die Karten braucht sie wohl nicht mehr, also dienen sie jetzt als Rand. |
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Barbara Heller: "Wil (ZH) by Night" |
patCHquilt hatte einen jurierten Wettbewerb unter den Mitgliedern mit dem Thema
„Fadenspannung“ ausgeschrieben. Diese drei wurden preisgekrönt:
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1. Preis: Maria Veuillemier, "Relier" | | | | |
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2. Preis: Rita Merten, "Threads Meet People" |
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3. Preis: Adelheid Gubser, "Nussbaum-Nadelspitz |
Fadenspannung ist nicht wegzudenken
beim Nähen, also kann man eigentlich das Thema kaum verpassen, aber bei
einigen Werken wäre – bei aller Schönheit – ein bisschen mehr Phantasie
bei der Umsetzung des Themas erwünscht gewesen. Hier zeige ich einige Werke, die meines Erachtens das Thema schön umgesetzt haben.
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Heidi Watson: "Thrilling Thread Tension" |
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Susan Vogel: "So much Fadenspannung" |
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Marianne Bender: "Vigne en hiver IV, les fils .."., |
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Elisabeth Graf: "Fadegrad" |
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Laura Stauffer: "Die Meisterin im Fadenspannung" |
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Gisela Cerny: "Hochspannung" |
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Helene Suter: "Marionette auf Reisen" |
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Marianne Margot: "Birkenrinde" |
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Martha Roggli: "Fadenspiel" |
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Rosmarie Artmann-Graf: "Netzwerk" |
Jetzt aber nochmals zurück zum „Patchwork-Boom“ der 80-er Jahre.
Einen wichtigen Beitrag dazu lieferte die erste Patchwork & Quilt Expo Europe, die 1988 in Salzburg stattfand und von der „International Quilt Association“ mit Sitz in den USA gesponsert wurde. Die Amerikanerinnen hatten sich zum Ziel gesetzt (frei übersetzt von mir ):
- to encourage the development of quilting in European countries (die Entwicklung des Quiltens in europäischen Ländern zu fördern)
- to spread the knowledge of the art of quilting to prospective quilters (potentielle Quilters auf die Kunst des Quiltens aufmerksam zu machen)
- to develop a network of quilters and quilt lovers in Europe (ein Netzwerk von Quiltern und Quiltliebhabern in Europa zu knüpfen)
- to introduce the concept of quilts in museums and institutions (sich einzusetzen für die Annahme von Quilts in Musea und andere Institutionen)
- to establish more quilt stores in Europe (mehr Quiltläden in Europa zu eröffnen)
- to encourage the easy availability of products needed by quilters, such as fabrics, tools, patterns, etc. (einen leichteren Zugang zu Produkten für Quilters wie Stoffe, Arbeitsgeräte, Muster, etc. zu ermöglichen)
Das Vorgehen erinnert unwillkürlich an Entwicklungshilfe und mag arrogant wirken, aber in vielerlei Hinsicht waren die Amerikanerinnen erfolgreich, wenn auch nicht in allen Punkten. Zum Beispiel gab es schon vor 1988 einige nationale Gilden, so in England, Irland, den Niederlanden, Dänemark, Frankreich und Deutschland. Die brauchten also die Unterstützung der Amerikanerinnen nicht so dringend. In ganz Europa folgten aber seit der Expo in Salzburg Schlag auf Schlag weitere Gründungen. Und schon 1989 schlossen sich die Gilden Europas zu der European Quilt Association (EQA) zusammen. Diese zählt heute 18 Mitgliedländer. Die Gründung der EQA als Netzwerk ist wohl eindeutig auf die Bemühungen der Amerikanerinnen zurückzuführen.
Die Expos fanden regelmässig in irgendeinem Land in Europa statt und wurden von Tausenden enthusiastischen Quilterinnen besucht. 2006 wurde die letzte Expo in Lyon abgehalten. Damals schrieben die Co-Direktorinnen der Patchwork & Quilt Expo, Karey Patterson Bresenhan und Nancy O’Bryant Puentes, selbstbewusst:
„We are proud that we have accomplished and exceeded all of those goals. […] We’ve done our job!“ (Wir sind stolz, dass wir unsere Ziele nicht nur erreicht, sondern auch übertroffen haben. […] Wir haben unsere Aufgabe erfüllt“
In einem Punkt jedoch waren sie nicht erfolgreich. Während man in den USA Quilts in Musea bewundern kann, ist Europa in dieser Hinsicht ein Entwicklungserdteil geblieben. Hier glänzen moderne, nicht-ethnische textile Werke in Galerien und Musea weitgehend durch Abwesenheit. Eine Ausnahme bildet vielleicht Grossbritannien. Mich wundert immer wieder, wie es möglich ist, dass Tausende von Leuten die Quiltfestivals in vielen Ländern Europas besuchen, während der Rest der Welt davon nichts mitbekommt. Auch hier hält der Erfolg der Amerikanerinnen nur bedingt an. Nach dem Boom der 80-er bis Nuller-Jahre verzeichnen viele Gilden rückläufige Mitgliederzahlen. Da gibt es noch viel zu tun. Neue Ideen sind gefragt. Zum Beispiel das Knüpfen eines Netzwerks nicht nur international, sondern auch national mit anderen Bereichen der textilen Kunst. Das, was wir TAFch uns auf die Fahnen geschrieben haben.
Danke für den tollen Beitrag. Wirklich sehenswerte Quilts, sehr phantasievoll das Thema umgesetzt.Leider für ein Nordlicht zu weit weg, umso mehr freue ich mich, hier davon zu lesen.
AntwortenLöschenVielleicht tut sich bei unseren Museen doch etwas?Sowohl die für mich sehenswerten Ausstellungen in Wolfsburg (jetzt Stuttgart, glaube ich) und Bielefeld sind ja schon ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch die Quilts noch fehlten.Und unsere kleine Patchworkgruppe stellt jetzt in einem Museum aus, zusammen mit der dort ansässigen Volkshochschule.Ich fände es vermessen, meine "Werke" als Kunst zu bezeichnen, aber immerhin hat ein Museum den Schritt gewagt, etwas Textiles auszustellen, was es dort noch nie gegeben hat.Vielleicht ist doch etwas im Gange? Es bröckelt ein wenig? Ich hoffe für die Zukunft, dass die Textilkunst mehr Beachtung findet. Aber wenn ihr weiterhin so fleißig daran arbeitet, wird das sicher sehr hilfreich sein!!!!!! Also weiter so!!!! LG Anette
Liebe Grietje
AntwortenLöschenVielen Dank für deine tollen Beitrag und die schönen Fotos.
L. G. Doris