HUMANS
Miniartextil 2018, Como
Text: Christine Läubli
Fotos: Arte&Arte, Como
Lucia Marchi (RA): Los que me humanan
Das
norditalienische Städtchen Como ist eine Reise wert, besonders natürlich im
Herbst, wenn in der Chiesa San Francesco die Ausstellung Miniartextil zu sehen
ist. Neben jurierten Mini-Textilkunstwerken werden immer auch grosse
Installationen von eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt
präsentiert. Jedes Jahr wird ein eigenes Thema gewählt, 2018 heisst es
«HUMANS».Vor dem Besuch der Ausstellung setzt man sich am besten noch gemütlich in die
Herbstsonne, schlürft genüsslich an seinem Aperol Spritz und beobachtet die
vielen vorbei flanierenden Menschen. Der liebe Gott hat sie wahrlich in
mannigfaltiger Weise gestaltet! Alle haben ihre eigenen Sorgen, Freuden, Geschichten
– und doch verbindet sie das HUMAN, das allgemein Menschliche. Später mischt
man sich selber unter das Volk und erreicht im Südosten der Altstadt die
stillgelegte Abteikirche San Francesco.
Im Kirchenraum befindet man sich gleich wieder mitten in einer Menschenmenge,
gestaltet von Pia Männikkö. Die finnische Künstlerin hat Tüllpaneelen mit realgrossen,
menschlichen Silhouetten bemalt, zwischen denen sich die Ausstellungsbesucher
frei bewegen können. So macht das zauberhafte Werk sichtbar, wie sich die Leute
aufeinander beziehen und wie sie den Raum in Besitz nehmen.
In einer Nische begegnet man verblüffenden Schnappschussporträts von David
Oliveira aus Portugal. Mit Metalldraht und Tüll erzeugt er einen so lebendigen
Ausdruck, dass man sich immer wieder umsehen muss, ob die Masken tatsächlich nur
aus Stoff bestehen.
Den Chorraum der Kirche bespielt die amerikanische Künstlerin Soo Sunny Park mit „Unwoven Light“, einer raumgreifenden Installation. Das Licht durchflutet die körperhaften Plexiglasgewebe und tanzt sichtbar in bunten Farben auf den Wänden.
Den Chorraum der Kirche bespielt die amerikanische Künstlerin Soo Sunny Park mit „Unwoven Light“, einer raumgreifenden Installation. Das Licht durchflutet die körperhaften Plexiglasgewebe und tanzt sichtbar in bunten Farben auf den Wänden.
miniartextil
Dieses Jahr sind die jurierten Mini-Objekte in der Mitte der Kirche angeordnet.
220 Künstlerinnen und Künstler hatten eine Bewerbung eingeschickt, 54 Werke aus
15 Ländern wurden ausgewählt.
Ramona Conconi (CH): Una cartola di umanità
Xia Gao (USA): Daily Life
Christine Läubli (CH): We are our own story
Minnamarina Tammi (FIN): Touch on
Nancy Van Dijk (CH) hat ein Fetzchen
Stoff bemalt und darauf mit blauem Faden kaum erkennbare menschliche Gestalten
gestickt; die Köpfe bestehen aus Knöpfen, ebenso der Mond über der Szenerie –
ein berührendes Zeugnis der menschlichen Verletzlichkeit und Verlorenheit:
Caroline Turner (F) gestaltete eine
winzige „Schriftrolle“. Statt mit einer Schrift ist sie mit
Gesichtern bedruckt:
Silvia Maria Conte Mac Donell
(RA) schichtete Baumwollstöffchen aufeinander, überzog sie mit einem Liniennetz und setzte das Standortzeichen von Google-Map darauf: Hier bin ich!
Und genauso findet sich jeder Besucher im Hier der Ausstellung: als subjektiver Betrachter, aber auch als Objekt, das in irgendeiner Weise gespiegelt und zum Nachdenken gebracht wird.
Und genauso findet sich jeder Besucher im Hier der Ausstellung: als subjektiver Betrachter, aber auch als Objekt, das in irgendeiner Weise gespiegelt und zum Nachdenken gebracht wird.
Die Ausstellung weilt vom 29. September bis zum 18. November 2018 in Como und reist weiter nach Montrouge (5. bis 24. Februar 2019 und Caudry (20. Juni bis 27. August 2019).
www.miniartextil.it
Dieser Text ist ein Auszug aus einem Artikel, der Mitte Januar 2019 in der Zeitschrift «TextilForumTextile» erscheint (das Heft ist zu
beziehen bei https://www.textilforum.ch/beschrieb-tft)
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