Freitag, 3. August 2018

„Artist in Residence“ in der Schweiz


von Isabelle Wiessler

Es ist schon 2 Jahre her, dass ich in der Schweiz einen „Artist in Residence“ geniessen durfte. Die Erinnerung daran ist immer noch so wach, dass ich es gerne mit euch teilen möchte.

Ich habe mich auf eine beharrliche Empfehlung hin Ende 2014 auf eine „Artist in Residence“ Stipendium beim Verein Artbellwald beworben. Dieser Verein gibt sich als Ziel hauptberufliche Kunstschafende aus dem In- und Ausland, aus unterschiedlichsten Bereichen der Kunst, Musik und Literatur in Bellwald ins Oberwallis einzuladen und sie mit einer attraktiven Infrastruktur schöpferisch zu motivieren. Es war aber das erste Mal, dass eine Textil bzw. Mixed Media Künstlerin eingeladen wurde. Und so war meine Freude riesig als ich Anfang 2015 die Zusage bekam, 2 Monate von Anfang Juni bis Ende Juli 2016 in Bellwald zu verbringen.

Bei meiner Ankunft am 02.06.2016 wurde ich herzlich empfangen. Sowohl Wohnung als auch Atelier, mein neues Zuhause für die nächsten zwei Monate, wurden mir gezeigt. Ich war von allem überwältigt: Der Blick vom Balkon meiner Wohnung, die klare Luft, die Berge, der alte Ortskern und das Atelier im wunderschön renovierten Kirchenstadel (Teil dieses alten Ortskernes von Bellwald)!

Altelier links
Blick von meinem Balkon

Atelier
Diese alten Stadel haben mich während meines Aufenthaltes ständig begleitet. Ich war vollkommen beeindruckt von dem Alter, davon, dass sie Wind und Wetter so lang überlebt hatten und wie die Jahrhunderte das Holz geprägt haben. Ich liebe alles, was „gelebt“ hat, alles was Wetter, Zeit und den Einfluss des Menschen aufweist. Ich habe sogleich meine nähere Umgebung erkundet und war von den kleinen Details, die ich entdeckte, fasziniert: die gelbe Blumenpracht an der alten Steinwand des Friedhofs, das alte Holzschindeldach vor meinem Atelierfenster, die Struktur der alten Holzbalken oder der Tür meines Stadels. Ich lege gerne mein besonderes Augenmerk auf Details, vielleicht auf das, was andere nicht sehen. Hier war so viel zu sehen und zu entdecken.






Mein Atelier habe ich sehr schnell mit meinen Materialien befüllt und für meine Arbeit hergerichtet. Es war eine große Freude hier zu arbeiten, wo ich zum Arbeiten viel Platz hatte und mit dem Klang der Kirchenglocken meinen Tagesablauf abstimmen konnte.

Nach einigen Tagen merkte ich deutlich das Alleinsein. Ich bin es nicht gewohnt allein zu sein und sehe es als eine sehr wichtige Erfahrung in meinem Leben: Die Ruhe, die damit verbunden war, aber auch die wenig vorhandenen Austauschmöglichkeiten. Die Wanderungen, die ich allein unternahm, kamen mir zuerst etwas seltsam vor. Ich erkannte dennoch sehr schnell die Vorteile: ich fühlte mich viel mehr mit der Natur verbunden. Ich erlebte sie intensiver, weil ich viel mehr beobachtete, nach meinem Rhythmus ging, immer wieder Pausen einlegte und viele Fotos machte. Diese konnte ich später als Inspiration und Erinnerungsstütze verwenden, denn nicht immer ist es möglich direkt an Ort und Stelle zu skizzieren. So konnte ich dank den Fotos meine Skizzen im Atelier vervollständigen.












Zudem war ich auch erfüllt von einem weiteren großen Geschenk, die geschenkte Zeit. Der Zeitfaktor ist immer für mich negativ geprägt. Sonst fehlt mir immer die Zeit, um meiner kreativen Arbeit nachzugehen, Neues in Ruhe auszuprobieren und mich zeitintensiveren Arbeiten zu widmen. Hier war dies möglich, was ich sehr bewusst nutzen und genießen konnte.

Ich habe im Laufe der zwei Monate abwechselnd kleinere und größere Wanderungen gemacht. Ich bin durch andere Orte gestreift und habe dabei Ideen gesammelt. Manches wurde gleich umgesetzt: Holzschindeln, alte Türen, Gletscher, Felsen, mit Moosen und Flechten bedeckte Zweige.





Umsetzung Moos auf Stein

Durch den längeren Aufenthalt in Bellwald fühlt man sich mit der Umgebung viel eher verbunden. Man kann sie nach und nach entdecken, annehmen und auf sich wirken lassen. So wurde diese Umgebung Teil meines Lebens. Sie tat mir sehr gut − sowohl in meiner direkten künstlerischen Arbeit, als auch in meiner persönlichen Stimmung. Auch die Höhenlage des Ortes war für mich ganz neu. Ich war vollkommen fasziniert vom immer wiederkehrenden Spiel der Wolken durch die Berge und auch durch den Ort. Ich konnte mich nicht daran satt sehen, wie Gegend und Himmel sich dadurch immer veränderten.

Gegen Ende meines Aufenthaltes organisierte den Verein mit mir zusammen einen Tag des offene Ateliers. Da meine Arbeiten aufgrund meiner Arbeitsweise und auch der Techniken eher zeitaufwändig sind, hatte ich das Gefühl, dass nicht so viel entstanden war. Dennoch wollte ich eine interessante Palette meiner Arbeit zeigen. Der Nachmittag war ein großer Erfolg! Es kamen sehr viele Besucher, nicht zuletzt aufgrund der textilen Freundinnen aus der ganze Schweiz, aber auch Interessierte, die bis aus der Berner Gegend und aus dem Tessin kamen! Viele waren auch aus dem Ort gekommen und auch Neugierige durch den Artikel der im Walliser Boten erschienen war.









Nach zwei Monaten war die Zeit zu Ende, doch am liebsten wäre ich länger geblieben. Die Zeit, die mir anfänglich unendlich vorkam, ging doch so schnell vorbei. Ich habe es rundum sehr genossen, insbesondere, dass ich diese Ruhe und den Frieden für meine Arbeit nutzen konnte. Ich bin dem Verein Artbellwald und dem Kanton Wallis sehr dankbar dafür, dass sie mir dies ermöglicht haben und besonders dafür, dass sie auch den Mut hatten, einer besonderen Kunstform ihre Türen zu öffnen.















1 Kommentar:

  1. Wie schön, 2 Monate einfach arbeiten können, im eigenen Rhythmus. Das glaube ich wohl, dass du die zeit genossen hast!

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