Bild
Wordless Wednesday
Elsi
Giauque Entwurf
Käthi
Wenger Ausführung
“Theater
Hommage à Dürrenmatt” 1967 / 68
Der
Textile Raum
Museum
Bellerive Zürich
Von
Ursula Suter
Falls Sie
die Möglichkeit haben diese vielfältige und dichte Ausstellung zu besuchen, sollten
Sie den PC abstellen und sich auf den Weg machen! Optisch und inhaltlich bietet
sie viel mehr als was ich mit diesem Blog erfassen kann.
Sie ist
noch bis zum 21.02.2016 geöffnet.
Die
Ausstellung ist in „Lektionen“ gegliedert. Aus dem Beiblatt zu Ausstellung
zitiere ich jeweils die Einführung in die Lektionen. Am Blog-Ende finden sie
eine Zusammenfassung des geschichtlichen Teils des Textes.
Mit den
Bildern folge ich dieser Einteilung. Die Auswahl hat jedoch nichts mit der
Wichtigkeit des Werkes zu tun sondern mit meinen Möglichkeiten als Fotografin.
Lektion 1
Nur der Volle Einsatz gilt!
Der
textile Raum spannt den Bogen von illustrativen kunstgewerblichen Raumtextilien
der 1910er und 1920er Jahre aus dem Unterricht an der Zürcher Kunstgewerbeschule
(heute ZHdK) bis zum zeitgenössischen Design. Ausgewählte Beispiele aus der
industriellen Produktion ergänzen die Schau, die in Lektionen unterteilt, den
Protagonistinnen der Schweizer Textilkunst folgt.
Eine
grosse Werkgruppe würdigt Elsi Giauque (1900 – 1989), die als Lehrerin von
Ihren Schülerinnen stets absolute Hingabe an die Sache forderte gemäss dem
Leitsatz: “Nur der volle Einsatz gilt.“ Viele der ehemaligen Schülerinnen gaben
selber als Lehrerinnen das Feuer für die textile Sache an nachfolgende
Generationen weiter. Zeitlebens setzte sich Giauque schliesslich massgebend für
die Anerkennung der Textilkunst als Gattung der Bildenden Kunst ein.
Elsi Giauque transparente Säule 1964 - 1967 |
Detail transparente Säule |
Elsi Giauque Noé 1952/53 |
Elsi Giauque Eléments textiles dans l'espace 1970/72 |
Aus einem anderen Winkel, verändert sich die Farbigkeit |
Elemente überlagern sich |
Lektion 2
Lerne dich auszudrücken.
An der
Schnittstelle zwischen Textil und Architektur haben sich die Protagonistinnen
der Ausstellung schon in den 1940er Jahren ihre Sporen abverdient. Textile
Wandbilder und Raumelemente strukturieren massgeblich ganze Interieurs.
Moik Schiele Explosion 1980 |
Moik Schiele All 1980 |
Verena Voiret ohne Titel 1985 |
Irma Wyser Zierdecke 1930 |
Moik Schiele Links Teppich undatiert, Mitte Entwurf 1991/92, Rechts Luftteppich undatiert |
Lektion 3
Schlage neue Wege ein.
Vor
hundert Jahren legte Sophie Taeuber-Arp mit ihrer Anleitung Zeichnen für textile Berufe das
Fundament eines systematisch forschenden, innovativen Unterrichts. In den
1940ern manifestierte sich der Wille zum Experiment bereits in der Bezeichnung
der Fachklasse. Verblüffend breit ist die Vielfalt der Werkstoffe und
Techniken, die zu experimentellen Prozessen und Ergebnissen führten: Der Grigg
zu ungewöhnlichem Material förderte Naturstoffe und technische Halbfabrikate zu
Tage, ermöglichte aber auch ästhetische Alltagsassemblagen.
Verena Brunner Das staaterhaltende Tuch 1975 |
Pierette Bloch Maille de crin 1983/84 Rosshaar geknüpft, gestrickt |
Beatrix Sitter-Liver Zenith 1983 Papier aquarelliert, gerwebt |
Katharina Della Chiesa Luftwesen 2015 |
Links Lissy Funk das goldenen Tor 1938 Rechts Anna Deborah Gerber Welcome to Europe 2015 |
Lektion 4
Verdichte, soweit es geht.
Die repetitive
Anwendung gewisser Techniken führt zu dichten Netzen und soliden Knoten.
Massige Taue, geknüpft in Makame, bestimmen die grossen Formate, während
kleinteilige Spitzen, feinste Häkelarbeiten und durch Nähte verdichtete
Textilien die Ausbeute unermüdlichen Durchhaltewillens verkörpern. Alle
Positionen verdeutlichen auf eindrückliche Weise das vollkommene Eintauchen in
die Materie-
Lieselotte Siegfried Beim alten Garten 1980/81 |
Francoise Grossen Fife White Elements 1971 |
Francoise Grossen Us 1969 |
Katharina Della Chiesa Verweht 3 2011 |
Alice Frey-Amsler Stoffcoupon 1934 |
Lieselotte Siegfried Spanien-Gegensätze 1968/69 |
Lektion 5
Orientiere dich an der Natur.
Fauna und
Flora erweisen sich seit alters als ergiebige Inspirationsquellen der
Gestaltung. Der Grad der Abstraktion lässt sich bei der Umsetzung in dekorative
Textilien stark variieren: realistisch anmutende, figürliche oder auf
Strukturen reduzierte Anwendungen, sei dies auf Tüll oder hauchzartem Batist,
auf Kissenplatten oder wollenen Teppichen.
Lucie Welti-Turel Kissenplattte 1921 |
Sophie Taeuber-Arp Kissenplatte 1916 |
Cornelia Forster Entwurf Atelier R. Picaud Ausführung Symbole 1956 |
Walter Roshardt Textilbild Nadelmalerei 1919 |
Lissy Funk Kopfstudie 1956 |
Lissy Funk Bärtiger 1956 |
Lektion 6
Geh auf Tuchfühlung!
Das Weben
als Technik hat das textile Schaffen von Anbeginn beflügelt. Nicht nur lässt es
endlose Farbvariationen zu, auch die verschiedenen Bindungen bieten vielfältige
gestalterische Möglichkeiten. Auf dem Raster gewebter Untergründe schliesslich
fanden in Kreuzstichtechnik figürliche Motive den Weg in die Geometrie.
Elsi Giauque Blau-Rot. Rot-Blau 1925 Kreuzstichtechnik |
Stoffentwürfe verschiedener Künstler aus der Sammlung der Zürcher Hochschule der Künste |
Lektion 7
Ornamente sind gut!
Als
gestalterische Methode zur Veredelung eines Grundmaterials bietet die
Drucktechnik unendliche Möglichkeiten. Unter der Leitung des als Maler und
Grafiker bekannt gewordenen Künstler-Lehrers Otto Morach (1887-1973) entstanden
an der Zürcher Kunstgewerbeschule in den 1910er und 1920er Jahren meist
zweifarbige Stoffe, die vom Nebeneinander von figürlichen Elementen und
abstrakten Motiven leben.
Helen Dahm Tapete handbedruckt um 1919 |
Elsi Giauque Je tourne 1925 |
Nora Gross Entwürfe Dekorationsstoffe handbedruckt 1920 |
Franziska Born - Entwurf, Heimlifeiss - Produktion 2001 Abtröchnitüechli |
Jakob Schläpfer Dekorationsstoff Pollok 2009 zweifarbige Pailetten, Beim Darüberstreifen ändert sich das Bild |
Die Ausstellung hinterlässt einen tiefen Eindruck bei mir. Ich staune über das zeitlos Moderne vieler Objekte und über die vielen verschiedenen Möglichkeiten in der textilen Kunst.
Pressetext
Textilforum
www.textile-forum-blog.org/de/
Der textile Raum, eine Ausstellung von 23.10.2015 bis 21.2.2016
im Museum Bellerive, Höschgasse 3, CH_8008 Zürich.
Die Bedeutung dieser Ausstellung ist nicht hoch genug
einzuschätzen denn hier wird die wirkliche Geschichte der Textilkunst
dokumentiert. Dies steht im krassen Gegensatz zu Ausstellungen der bildende
Kunst wo textile Arbeiten von Malern gezeigt werden, ausgeführt vom Atelier „Flanderns
Tapestries“, oder andere textile Anleihen von Künstlern die sich nicht mit
Textil auseinandergesetzt haben. Hier folgt der Pressetext:
Die Textilkunst erlebt derzeit eine Renaissance. Die Ausstellung
«Der textile Raum» im Museum Bellerive spannt den Bogen von kunstgewerblichen
Raumtextilien der 1910er Jahre bis zum zeitgenössischen Design. Sie zeigt den
Stellenwert der Schweizer Textilkunst im internationalen Kunstkontext und
dokumentiert in einer dichten Schau die eindrücklichen Karrieren ihrer
Protagonistinnen an virtuosen Objekten und zahlreichen Zeitdokumenten. Vor rund
hundert Jahren lenkte Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) die vormals floralen
Tüllstickereien ihrer Schülerinnen auf geometrische Wege und legte damit die
Basis für einen innovativen Umgang mit textilen Techniken. Die Taeuber-Arp-
Schülerin Elsi Giauque (1900–1989) führte das visionäre Erbe ihrer Lehrerin
fort und gleiste im Rahmen ihres Lehrauftrags für textile Experimente zwischen
1944 und 1966 zahlreiche Auftragsarbeiten im angewandten Bereich auf. An ihrem
Wohnort in Ligerz am Bielersee betrieb sie zusammen mit der ehemaligen
Studentin Käthi Wenger (*1922) ein Atelier für experimentelle Gewebe. Die dort
entstandenen freien Arbeiten führten das Genre der Weberei in eine neue
Dimension und sorgten an der Biennale Internationale de la Tapisserie in
Lausanne – ab 1962 das Schaufenster der internationalen «Fiber
Art»-Bewegung für Furore. Im Museum
Bellerive behaupten sich Giauques und Wengers textile Säulen aus längs laufenden
Spannfäden als prägnante architektonische Elemente, während sich die aus
farbigen Kacheln bestehende Installation «Élément spatial» – eine Ikone der
Textilkunst – dank ihrer Durchlässigkeit in stets neuer Farbigkeit komponiert.
Der Erfolg ihrer Schülerinnen unterstreicht Elsi Giauques Beitrag zum
internationalen Renommee, das die Schweizer Textilkunst noch heute geniesst.
Moik Schieles (1938–1993) Raumelement «Silberne Welle» schlängelt sich elegant
durch die Vertikale, während ihre farbgewaltigen Tapisserien eine geradezu
explosive Wirkung entfalten. Liselotte Siegfried (*1935) wiederum klöppelte in
filigraner Weise auf grobmaschigem Hasenzaun. Andere Schülerinnen, wie Marlise
Staehelin (1927– 1991), trugen ihr Wissen weiter und legten das Fundament für
Karrieren wie jene der
Westschweizer Künstlerin Françoise Grossen (*1943), die schwere Fäden zu Stricken und Knoten verdichtet und mit einer neuen Sinnlichkeit verführt. Ausgehend von kunstgewerblichen Raumtextilien folgt die Ausstellung den Schlüsselwerken der Fiber Art und verfolgt in Druck- und Webstoffen ihre Ausleger hin zum Textildesign. So zeigt sie etwa Entwürfe für Meterware der in die Schweiz emigrierten Bauhaus-Meisterin Gunta Stölzl (1897–1983), die durch innovative Strukturen und Materialien wie Zellophan und Kunstseide bestechen. Die extravaganten Wohntextilien des Designerpaars Trix und Robert Haussmann wiederum schaffen illusionäre Materialverfremdungen. Claudia Caviezel schliesslich evoziert mit ihren Wandbehängen ein vielschichtiges tropisches Raumgefühl. Die Ausstellung «Der textile Raum» folgt gemeinsamen Strukturmerkmalen und mischt Unikate und Design. Bestände der Sammlungen des Museum für Gestaltung und des Archivs der ZHdK, ergänzt durch Leihgaben aus der Fondation Toms Pauli, den städtischen Sammlungen Bern, Biel und Zürich und dem Kunstmuseum Winterthur, sowie Leihgaben der Künstlerinnen und ihrer Familien verweben sich zu einem dichten, spannenden Netz.
Westschweizer Künstlerin Françoise Grossen (*1943), die schwere Fäden zu Stricken und Knoten verdichtet und mit einer neuen Sinnlichkeit verführt. Ausgehend von kunstgewerblichen Raumtextilien folgt die Ausstellung den Schlüsselwerken der Fiber Art und verfolgt in Druck- und Webstoffen ihre Ausleger hin zum Textildesign. So zeigt sie etwa Entwürfe für Meterware der in die Schweiz emigrierten Bauhaus-Meisterin Gunta Stölzl (1897–1983), die durch innovative Strukturen und Materialien wie Zellophan und Kunstseide bestechen. Die extravaganten Wohntextilien des Designerpaars Trix und Robert Haussmann wiederum schaffen illusionäre Materialverfremdungen. Claudia Caviezel schliesslich evoziert mit ihren Wandbehängen ein vielschichtiges tropisches Raumgefühl. Die Ausstellung «Der textile Raum» folgt gemeinsamen Strukturmerkmalen und mischt Unikate und Design. Bestände der Sammlungen des Museum für Gestaltung und des Archivs der ZHdK, ergänzt durch Leihgaben aus der Fondation Toms Pauli, den städtischen Sammlungen Bern, Biel und Zürich und dem Kunstmuseum Winterthur, sowie Leihgaben der Künstlerinnen und ihrer Familien verweben sich zu einem dichten, spannenden Netz.
Liebe Ursula,
AntwortenLöschenvielen Dank für den ausführlichen Bericht. Ich bedauere es sehr, dass ich diese Ausstellung nicht sehen kann, denn sie zeigt doch die unbegrenzten Möglichkeiten der textilen Künste. Vielen Dank für die vielen Fotos. Sie geben einen guten Einblick in die Ausstellung.
herzliche Grüße Gabi
Liebe Ursula,
AntwortenLöschenich kann mich Gabis Worten nur anschließen. Schade, dass ich nicht alles im Original sehen kann. Aber dank deines tollen Berichtes, bin ich ja fast dort gewesen. Herzlichen Dank dafür!!!! Liebe Grüße Anette