Freitag, 25. April 2014

Ruhe bitte!

von Gabi Mett


  
Drei Tage nach der ereignisreichen Zeit in der Schweiz - gemeint ist natürlich die Präsentation von TEXIMUS 1 - mache ich mich auf den Weg zum TextilWerk Bocholt. Dort wird am Abend die Ausstellung „Magie, Intimität & Emotionen -  22 Künstlerinnen - 22 Positionen“ eröffnet. Ich freue mich schon, die Werke wiederum in neuen Räumlichkeiten zu erleben. 
Die Präsentationen in der Kunststation in Kleinssassen und dem Textilmuseum Max Berk in Heidelberg (dazu mehr unter dem Blogeintrag: Objekt, Rahmen und Raum, November 2013) konnten unterschiedlicher nicht sein. Die großen Räume mit weißen Wänden, die klaren Gliederungen in white cubes in Kleinsassen präsentierten die Großquilts in einer Galeriesituation. Interessante Zusammenhänge und Korrespondenzen zwischen den Werken waren natürlich zu beobachten, aber doch stand jede Arbeit für sich und musste sich selbst behaupten. 
Die Ausrichtung der Arbeiten im Textilmuseum Max Berck war eine große Herausforderung an die Museumsleiterin Frau Dr. Scherer und die Verantwortlichen des Vereins Qultkunst e.V. Hier konnten nicht alle Werke gehängt werden. Es wurde zu meiner großen Überraschung aber eine sehr intime und ebenfalls überzeugende Präsentation. 
Nun also sind die Quilts im Textilwerk Bocholt zu sehen, genauer gesagt im Saal der Spinnerei. Da mir ehemalige Fabrikhallen und Produktionsstätten, die durch geringe oder auch massive Umbauten zu Kulturräumen gewandelt wurden, durchaus bekannt sind, konnte ich mir schon ein wenig die Atmosphäre eines solchen Raumes vorstellen. Ich habe 2009 mit der Gruppe 4-fach auf dem Wollboden einer Spinnerei und Weberei in Essen- Kettwig ausgestellt. Hier einige Impressionen.

Ausstellung der Gruppe 4-fach, 2009


Wollboden in den Scheidtschen Hallen, Essen-Kettwig

Gabi Mett-Robert Horn:  zu den Metamorphosen von Ovid


Ich war sehr gespannt. Beim Betreten des Museums stehen wir in einer riesigen Eingangshalle mit einer langen roten Treppe, die zu den weiteren Etagen und damit auch zur Ausstellung führt. In diesem Eingangsbereich finden zwei Werke von Konstanze Trommer einen herausragenden Platz.

Konstanze Trommer -  Aufbruch ins Paradies
Nun wird es spannend: wie ist der erste Eindruck? Geht die Präsentation über mehrere Räume oder Etagen? Werden sich die Werke in diesen Industriedimensionen verlieren? Beim Betreten des Ausstellungsraumes ist die Überraschung perfekt.

Ein erster Blick in den Ausstellungsraum
 Die Quilts sind zum großen Teil frei in den Raum gehängt! Es bilden sich Sichtachsen und zwischen einzelnen Werken sind interessante Korrespondenzen zu beobachten. Die gut durchdachte Hängung schafft kleine Kabinette, unterstützt durch Säulen aus T-Trägern.


Arbeiten von Pascale Goldenberg, Gisela Schmidt, und Heide Stoll-Weber

Arbeiten von Gisela Hafer, Brigitte Kopp und Monika Sebert

Isabelle Wiessler - Mongolei I - II

Brigitte Kopp - Stummer Schrei

Die Installationen erhalten eine neue Gewichtung durch Metallplatten auf denen sie präsentiert werden. Der raue Charme der Industriekultur trägt seinen Teil zur gelungenen Präsentation bei. Große Fenster an drei Seiten des Saales lassen viel Tageslicht in den Raum fluten.
Quilts wie diese von Elsbeth Nusser-Lampe verwandeln sich in zarte, transparente Gebilde, die auf einmal noch mehr von sich verraten als es in den bisherigen Ausstellungen der Fall war.

Elsbeth Nusser-Lampe  - Wiesenstücke

Der „Marathon“ von Monika Sebert geht eine wunderbare Zwiesprache mit einer großen Industriemaschine ein.

Monika Sebert - Marathon 1

Das Werk von Britta Ankenbauer scheint geschaffen für diese rauhe Industriewand.

Britta Ankenbauer - Hier et demain


Adelheid Gubser konterkariert die Maschine im Hintergrund und die Werke von Friederike Hoerst-Röhl gehen eine anregende Verbindung mit den Webstühlen und ihrer Geschichte ein.

Adelheid Gubser - Textiles Universum
Friederike Horst-Röhl - Fliegender Teppich

Erzählungen treffen aufeinander.


Konstanze Trommer - Ulrike Fritz

Die Präsentation hinterläßt eine tiefen Eindruck, sofort und auf Anhieb. Dies natürlich auch deshalb, weil ich die Werke nun schon zum dritten Mal sehe und sie nicht mehr im Einzelnen kennenlernen muss.

Eine weitere Überraschung stellt sich im Laufe des Abends ein. Der Titel: Magie, Intimität & Emotionen wird eingelöst durch die Wandlung des Lichts. Schauen Sie selbst.


Blick auf die Installationen
Das Licht nimmt langsam ab
Die Arbeiten von Gisela Hafer

Ist es nicht eine faszinierende Verwandlung?


Die Arbeiten von Pascale Goldenberg

Im Vordergrund: Gabriele Kleindienst - Grands - Garten der Lüste

 Die Arbeiten von Dörte Bach 
 

Die Arbeiten von Renate Flor

Eine letzte magische Impression

Die gut besuchte Vernissage fand in einem sehr netten Rahmen statt. Neben Livemusik führte der Moderator Matthias Bongard gekonnt durch den Abend. (wordless wednesday) Dabei durfte eine kleine Talkrunde nicht fehlen. Zum Abschluß gab es noch einen gutes Essen im Dachrestaurant und das ein oder andere Glas Wein...

Ich werde mir die Ausstellung am 18.5.2014 noch einmal in aller Ruhe anschauen. Von 18.00h bis 20.00h wird ein Künstlerinnengespräch stattfinden, bei dem ich Gast sein darf. Vielleicht ist ein solches Gespräch auch für Sie interessant und Sie planen einen Tag in Bocholt ein.
Neben der Quiltausstellung können Sie sich auch noch die Ausstellung „Reiz und Scham - Kleider, Körper, Dessous“ mit interessanten Objekten und die Fotoausstellung „Wild thing“ von Marjo und Rob Jansen anschauen. Alle Verantwortlichen würden sich sehr darüber freuen, viele Gäste begrüßen zu dürfen. Weitere Informationen unter www.lwl.org.de.

Aber - nach der Ausstellung ist vor der Ausstellung und so stellte man sich sowohl in Bocholt als auch in Zug die Frage, wie es nun weitergeht. Ein Riesenschritt ist sowohl hier als auch dort getan und nun heißt es: reflektieren, analysieren und neue Ideen entwickeln. Dafür bedarf es der Ruhe und Konzentration. Hoffen wir, dass wir, die Gruppe TAFch und auch die Verantwortlichen des Quiltkunstvereins Zeit für die Weiterentwicklung neuer Ideen finden. Schließlich haben die Verantwortlichen- alle selbst Künstlerinnen - ihre eigene Arbeit zurückgestellt, um sich dieser besonderen Aufgaben intensiv widmen zu können. 

Fotos: Grünewald

8 Kommentare:

  1. Das ist sicher eine supertolle Ausstellung. Warum ist das alles immer nur soooooo weit weg? Scheine hier im Südwesten so richtig weit weg vom bundesdeutschen-Mitte-Geschehen zu sein. Mir bleiben Luxemburg, Karlruhe und Saintes-Marie-aux-mines. Sind auch schon Tagesreisen. Seufz.

    Liebe Grüße und danke für den tollen Bericht. Heidelberg wäre natürlich auch machbar gewesen....
    Martina

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  2. Liebe Martina,

    wir sind hier im Ruhrgebiet und darüber hinaus leider auch nicht mit solchen Ausstellungen zu oft gesegnet. Darum freut es mich um so mehr, dass diese Präsentation in Bocholt diesen tollen Platz gefunden hat.

    In Augsburg wird im nächsten Jahr die Abschlußausstellung stattfinden. Vielleicht klappt dann ja ein Besuch.

    Bis dahin herzliche Grüße

    Gabi

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  3. Liebe Gabi,

    danke für den tollen Bericht.
    Ich habe die Ausstellung in Heidelberg gesehen, hat mir gut gefallen, aber was ich jetzt sehe ist schon besonders.
    Wie die Werke auch mit ihrer Umgebung und umgekehrt spielen.
    Die Quilts bei diesem besonderen Licht zu sehen ist schon faszinierend.

    Liebe Grüße
    Myriam

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  4. liebe gabi
    danke, dass ich so auch an der ausstellung dabei sein kann! es sieht wieder gaaanz anders aus.....supertoll, dass die werke an so viele verschiedene orte kommen und in einem neuen kontext zu sehen sind!....faszinierend! ein grosses DANKE auch an die Ausstellungsmacher/innen!!!

    judith

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  5. Liebe Marianne, Myriam und Judith

    Es ist wirklich eine tolle Präsentation. Ich freue mich schon auf meine erneuten Besuch und auf das Künstlerinnengespäch.

    Schön, liebe Judith, dass ich dich so überraschen konnte. Deine Arbeiten waren auch gut gehängt.

    liebe Grüße Gabi

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  6. Danke für diesen tollen Bericht, jetzt ist meine Neugierde noch größer. Auf keinen Fall werde ich mir diese Ausstellung entgehen lassen. Denn wir hier oben im Norden sind leider nicht gesegnet mit Ausstellungen solcher Art. Ein wirklich gelungener Ort für diese schönen Werke. Ich bin mehr als gespannt. LG Anette

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