Freitag, 15. November 2013

Objekt, Rahmen und Raum!



von Gabi Mett


Objekt, Rahmen und Raum!

Mein Vorsatz, an dieser Stelle wegweisende Textilkünstlerinnen aus Europa vorzustellen, wird von aktuellen Ereignissen und Ausstellungen immer wieder überrollt. So auch dieses Mal.


Zwei Ausstellungsbesuche, einer in Delmenhorst und einer in Heidelberg, warfen ähnliche Fragen auf, die im Kleinen wie im Großen, immer wieder von Neuem kontrovers diskutiert werden, nämlich die der Präsentation. Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist nicht nur rein privater Natur, aber da fängt es an. Lassen Sie es mich an einigen Beispielen darlegen. Ich fertige gerne kleine Collagen. Sie gehen manchmal in die dritte Dimension, wie dieses erste Beispiel zeigt.
 
Ich habe keine Wahl: die verfremdete Gummibandkarte mit den textilen Zeichen muss im ersten Schritt auf einem festen Karton montiert werden.

 
Da eine solche Arbeit schnell verstaubt, schütze ich sie durch einen Objektrahmen, bei dem auch das Glas nicht entfernt wird.

 
So ist eine kleine Serie unter dem Thema „Frauensprache“ entstanden.

Im nächsten Beispiel mit dem Titel „Erinnerungen“, habe ich einen Keilrahmen bemalt, dann einen Stoff darüber gespannt und diesen weiter textil differenziert.

 
 
 
Den Keilrahmen kann man ohne weiteres pur an die Wand hängen, so wie man es auch bei vielen Malereien im Kunstbereich sieht. Ich erlaube mir aber, mit einer schmalen Fugenleiste das Bild zu vervollständigen. Was sagen Sie zu dieser Lösung?

Die folgenden zwei Arbeiten haben nur eine Größe von 10 x 10 cm.

 
 
Kann ich sie einfach so an die Wand stecken? Das geht an der eigenen Wand sicherlich. Sobald man aber öffentlich auftritt und die Arbeit auch verkaufen möchte, kann man darüber unterschiedlicher Meinung sein. In unserer Ausstellung in Zug im vergangenen Jahr gab es eine Wand, die völlig unterschiedliche Präsentationen solch kleiner Arbeiten zeigte. Die Lösungen war in der Vielfalt und Menge überzeugend. Es liegt also auch an der Umgebung, ob solche kleinen Arbeiten eine Chance haben oder nicht und ob sie alleine hängen oder in einer Gruppe. Die sogenannte Petersburger Hängung, möglichst viele Bilder möglichst dicht an einer Wand zu präsentieren, kann dann von Vorteil sein. Ich habe die kleinen Spielereien auf einen festen Karton montiert. So kann der oder die Käuferin selbst entscheiden, wie sie zu Hause damit verfährt.

 
Eine weitere Variante sehen Sie im nächsten Bild.

 
 
 
Der kleine Objektrahmen hat mich dazu verleitet, ihn in die Gestaltung mit einzubeziehen. Der Innenraum wurde mit unterschiedlichen Papieren beklebt und übermalt. Fäden wurden gespannt und interessante Nähutensilien montiert. So entstand der „Dominator“. Hier verschmilzt der Rahmen mit der Arbeit.

Kann ein Rahmen auch ein Werk erschlagen? Ich habe ein Experiment gewagt. Drei Rahmen aus hochwertigen Modellleisten fanden den Weg von der Rahmenwerkstatt zu mir. Ein schönes Geschenk! Aber wie werde ich diesen opulenten Rahmen gerecht? Ich suchte nach Material, das der Präsenz etwas entgegensetzen konnte. Stark strukturiertes Papier, Fundstücke wie Briefmarken aus Indien oder einer Lochkarte für die Jaquardweberei fügten sich problemlos zusammen und können sich meiner Meinung nach auch durch den Einsatz sehr dunkler Farbtöne in den Rahmen behaupten. Sie sehen hier die Hängung in der Treppenhausgalerie. Auch hier würde ich gerne Ihre Meinung hören, besser gesagt lesen.

 
 


 

Ist das Format größer, stellt sich die Frage nicht mehr so dringend nach einem Rahmen. Beim Quilt ist in der Regel ein Tunnel gefordert, durch den eine -möglichst flache- Leiste geführt wird. Damit die Arbeit gut hängt, muss der Tunnel breit genug sein und der Leiste noch Spielraum lassen. Oft ist es auch nötig, einen weiteren Tunnel an das untere Ende des Quilts zu nähen, dort ebenfalls eine Leiste einzulegen und so die Präsentation an der Wand zu verbessern. Leider sieht man immer wieder auch von professionellen Quilterinnen eine schlechte Hängung der eigenen Arbeiten.

Es würde hier zu weit führen, auf alle nur erdenklichen Möglichkeiten der Präsentation einzugehen. Gehen wir lieber einen Schritt weiter und schauen uns die Ausstellung im öffentlichen Raum genauer an. Bei einer Einzelausstellung können die Werke chronologisch gehängt werden, sie können in Werkgruppen präsentiert oder nach Themen geordnet werden, je nach dem, ob es sich zum Beispiel um eine Retrospektive oder um die Präsentation neuer Arbeiten handelt. Die Gestaltung obliegt der Künstlerin und/oder auch der Galeristin oder der Museumskuratorin. Die Räume spielen allerdings eine große Rolle, wenn es darum geht, den einzelnen Werken einen adäquaten Rahmen zu bieten. Wir haben in unserem Blog über die Ausstellung von Großquilts in der Kunststation Kleinsassen berichtet. Das Thema der Ausstellung lautete „Konzepte in Stoff - 22 textile Positionen“. Alle, ob Künstlerinnen, Besucher oder die Fachpresse, waren begeistert von den Räumen und der Darbietung der hochwertigen künstlerischen Arbeiten. Endlich war es gelungen, der textilen Kunst einen adäquaten Rahmen zu bieten. Würde es möglich sein, diese Qualität zu halten? Die nächste Station ist die Textilsammlung Max Berk in Heidelberg, bekannt durch die hochrangigen Quittriennalen. Wer einmal das Museum besucht hat, weiß um die schwierigen Räumlichkeiten, die sich besonders mit großen Formaten schwer tun können. Bereits bei der Ausstellung von Inge Hueber wurde ich eines besseren belehrt. Die Quilts, fast alle in der Größe von 170 x 170 cm, konnten gut ihre Wirkung entfalten. Hier handelte es sich aber um eine Künstlerin, um einen Stil. Wie würde sich das mit 22 unterschiedlichen Ausdrucksweisen gestalten? Ich gebe zu, meine Skepsis war groß. Um so überraschter war ich dann doch am Sonntag, als ich in einem ersten Rundgang die Ausstellung auf mich wirken lassen konnte. Es war von Frau Dr. Scherer, der Leiterin des Museums und von Vertreterinnen des Vereins Quiltkunst e.V., u.a. Gisela Hafer, der ersten Vorsitzenden des Vereins, von jeder Künstlerin mindestens eine Arbeit ausgewählt und gehängt worden. Für alle reichte der Platz nicht. Damit man aber trotzdem einen Überblick über die gesamten Arbeiten bekam, war eine Powerpointpräsentation im oberen Stockwerk installiert. In diesem Raum waren in einigen Vitrinen ebenfalls die Mappen einzelner Künstlerinnen präsentiert. Ich war und bin nach wie vor beeindruckt, wie gut die Werke gehängt wurden. Die Ausstellung hatte eine andere Ausstrahlung für mich. Sie wirkte wärmer, persönlicher, näher. Keine Arbeit verlor an Ausdruckskraft. Im Gegenteil, es gab Beispiele, die ich mit völlig neuen Augen gesehen habe, die auch einen viel positiveren Eindruck hinterließen als in Kleinsassen. Das war wirklich faszinierend. Dies bestätigten mir auch andere Künstlerinnen und Besucher, die die erste Ausstellung auch gesehen hatten. Mindestens zwei Ausstellungsorte stehen für diese Ausstellung noch an. Schon jetzt hat sich die ein oder andere Künstlerin vorgenommen, ein weiteres Mal zur Eröffnung zu kommen um persönlich zu sehen, wie der Raum die Werke verändert. Die folgenden Bilder zeigen Impressionen aus der Eröffnungsveranstaltung.
 
Ich beginne im Erdgeschoß mit dem Rundgang. Hier eine Arbeit von Judith Mundwiler .

 
 
Diese Arbeit von Gabriele Kleindienst fand eine sehr interessierte und faszinierte Betrachterin. Im Hintergrund Arbeiten von weiteren vier Künstlerinnen.


Ein weiterer Blick in den Raum. Hier erkennt man deutlich die Empore, an der eine Arbeit von Monika Sebert eine guten Platz gefunden hat.

 
 
Von der Empore hat man einen wunderbaren Blick auf die grafische Arbeit von Gisela Schmidt.

 
 
Vom Erdgeschoss geht es über eine Treppe auf die Empore. Dort fällt zuerst die Arbeit von Britta Ankenbauer ins Auge.

                                     

 
Sehr schön in den Raum gehängt ist die Installation von Judith Mundwiler. Sie hat an diesem Platz sehr gewonnen.

                                                      

 
Ein Blick in die andere Richtung zeigt im Hintergrund eine Arbeit von Claudia Hermer.

 
Auf der rechten Seite der Empore sind von links nach rechts Werke von Heide Stoll-Weber, Heike Drechsler und Renate Flor zu sehen.

 
 
Rechts im Bild das Werk von Gisela Hafer. Über eine weitere Treppe geht es ins Dachgeschoss. Sehr intensiv wirkte die Zusammenstellung dieser beiden Arbeiten.

 
 
 
Dies zeigt eine Installation von Pascale Goldenberg.

 
 
Gegenüber findet man eine weitere Arbeit von Heide Stoll-Weber . Gleich links davon kommen wir durch eine Tür zum rot - schwarz - weißen Kabinett.

                                                    

 
Hier hat links im Bild eine Arbeit von Dörte Bach ihren Platz gefunden. Im Hintergrund sehen wir eine weitere Installation von Pascale Goldenberg.

                                                   

Mein "Platz der Schamanin" entfaltet eine wunderschöne Wirkung. Ich habe mich gefreut, dass man die Details hier besonders gut studieren kann.

 
 
Auf der gegenüberliegenden Seite eine große Arbeit von Konstanze Trommer.
Ich hoffe, ih habe Ihnen eine interessanten Eindruck von dieser Präsentation vermittelt. Leider konnte ich nicht alle Arbeiten fotografieren. Da waren mir technische Grenzen gesetzt.


Ich bin nun gespannt, wie wir im kommenden Jahr in Zug die Wettbewerbsarbeiten präsentieren können. Das wird noch einmal eine besondere Herausforderung, meinen Sie nicht auch?
 

6 Kommentare:

  1. Hallo Gaby
    Danke für deine schöne und interessante Präsentation.
    Gruss Doris

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  2. Was für ein Post! Danke für die ausführliche Präsentation.
    Und zum Thema Rahmen: Den Keilrahmen finde ich persömlich ohne Fugenleiste besser (wenn ich ihn bei mir zuhause aufhängen sollte).
    Mit den "mächtigen" Rahmen, so zusammen wirken die Arbeiten dann als Einheit, wobei ich finde, die Rahmen sind wirklich eine starke Konkurrenz für den Inhalt. Wäre spannend, sie ohne Rahmen zu sehen.

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  3. Für mich ist das Thema Rahmen immer ganz schwierig, deshalb bleiben auch viele "Kleinigkeiten" im Verborgenen, was ich jetzt schon wieder sehr schade finde, wenn ich deine Beispiele anschaue.
    Deine schlichten Rahmenvarianten gefallen mir sehr gut, obwohl ich sagen muss deine Treppenhausgalerie hat was. Wäre spannend die 3 Bilder auch mit einer schlichteren, nicht so dominanten Variante zu sehen.
    Vielen Dank für die ersten Eindrücke aus Heidelberg, werde wohl doch früher fahren müssen.
    Gruß Myriam

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  4. Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Ich denke, man muss immer wieder ausprobieren, was der eigenen Vorstellung von guter Präsentation am nächsten kommt. Ich versuche auch in Ausstellungen anderer Künstler oder Galerien, auf diese Dinge zu achten und so meine eigene Ansicht immer wieder zu überprüfen.

    Ich wünsche euch eine schöne Woche Gabi


    P.S. Ein Name ist zu korrigieren. Es handelt sich um eine Arbeit von Claudia Helmer.

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  5. Veieln Dank für diesen schönen Beitrag. Die Präsentation ist manchmal wirklich schwer und hängt immer wieder vom persönlichen Geschmack ab. Mal mag man es mehr, mal weniger und oft bin ich unschlüssig, welches die bessere Möglichkeit ist. Wie gut, dass es so verschiedenen Meinungen gibt, das macht das Ganze ja auch interessant.
    Diese "Frauensprache" finde ich sehr gelungen und gehört für mich auch in einen Rahmen.Auch der Keilrahmen mit der Fugenleiste passt für mich sehr gut zusammen. Es gibt dem Ganzen noch etwas mehr Ausdruck. Und diese kleinen Arbeiten kann ich mir gut mit vielen anderen an der Wand aber auch einzeln in einem Rahmen vorstellen. Auch die breiten Rahmen wirken auf der gelben Wand sehr gut, wenngleich ich es eher etwas schlichter mag. Die Arbeiten wirken trotzdem nicht erschlagen. Da ist eben eine Künstlerin am Werk!!!!!!
    Dass die Ausstellung in Heidelberg so eine ganz andere Wirkung erzielt, kann ich nachvollziehen.Räume haben ja auch eine eigene Dynamik. Leider habe ich die Arbeiten noch nicht gesehen. Aber für Bocholt habe ich es mir fest vorgenommen, da muss ich hin. Außerdem erhoffe ich dann wieder einen so interessanten Artikel, wie dort die Werke wirken. Also nochmals DANKE. LG Anette

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  6. Danke für den Post und die Diskussion. In meinem Beitrag möchte ich nur von Bildern ausgehen, bei denen kein Rahmen mitgestaltet wird.

    Mir fällt das Rahmen meiner textilen Arbeiten schwer, obwohl ich sie meist als Bilder anlege. Die Komposition verlangt die Beachtung des Formats und seiner Begrenzung. Prinzipiell brauche ich also keinen Rahmen, um die Arbeit nach innen abzuschließen.
    Die Beschaffenheit der Wand und die Hängung mit anderen Bildern
    können einen Rahmen notwendig machen mit der Funktion der Abgrenzung nach außen. Die wird aus meiner Sicht am besten durch Schattenfugenrahmen erfüllt; sie lassen das Bild für sich stehen, drängen sich durch ihre Schlichtheit nicht auf und grenzen nach außen ab.
    LG Renate

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