Freitag, 24. Juli 2015

Ein Besuch bei den Miao (China)


von Grietje van der Veen

Schon einmal (Juli 2013) habe ich an dieser Stelle über die Miao, eine ethnische Minderheit in China, berichtet. In dem Beitrag ging es um eine bestimmte Stickerei. Heute möchte ich Ihnen traditionelle Kleidung der Miao vorstellen.

2011 war ich mit einer internationalen Gruppe Textilbegeisterter in China unterwegs, um die Provinz Guizhou zu erkunden und die Festkleidung der Miao kennen zu lernen. Ich denke immer noch mit Freuden an diese Reise zurück. Niederländische, belgische, französische und englische Textilkünstlerinnen jeglicher Ausrichtung - einige von ihnen von deren Ehemännern begleitet – hatten alle die gleichen Interessen und fanden in den zwei gemeinsam verbrachten Wochen viel Gesprächsstoff.

Die Bezeichnung „Minderheit“ klingt in unseren Ohren nach einer kleinen Gruppe. Die Quellen geben unterschiedliche Zahlen an. Sie schätzen die Zahl der Miao zwischen 5 bis fast 9 Mio Menschen, von denen die Hälfte in der gebirgigen Provinz Guizhou lebt. Einige Gegenden sind immer noch schwer erreichbar. Die Miao Chinas zerfallen in knapp 100 verschiedene ethnische Gruppen, die sich vor allem in der Kleidung unterscheiden. Im täglichen Leben tragen sie Kleider wie wir, praktisch und zeitgemäss. Wird es aber festlich, dann holen sie ihre traditionellen Trachten hervor. Die Jacken, Röcke, Schürzen, Beinkleider und Kopfbedeckungen werden oder wurden von den jungen Mädchen in jahrelanger Handarbeit gewoben, genäht, gebatikt und reich bestickt. An den Festivals können die Mädchen zeigen, wie gut sie mit Nadel und Faden umgehen können und sich als ideale künftige Bräute und Hausfrauen präsentieren. Heute kaufen die Mädchen oft auf dem Markt kleinere von älteren Frauen vorgefertigte Stoffstücke und nähen diese dann zusammen. Die Kostüme werden aber sorgfältig aufbewahrt, können also noch lange an nachkommende Generationen weitergegeben werden.

Unser chinesischer Guide hatte die Tour minutiös geplant und mehrere Dörfer auf unseren Besuch vorbereitet. Der Weg dorthin war nicht immer hindernisfrei. Vor allem innerhalb der Dörfer sind die Wege nicht gepflastert, sondern mit Schlamm bedeckt. Die DorfbewohnerInnen empfingen uns meistens festlich gekleidet am Dorfeingang mit Gesang und einem Willkommenstrunk. Im Dorf angekommen, zeigten die Frauen uns die spezifischen handwerklichen Besonderheiten ihres Dorfes, seien dies Weben, Sticken oder Batik.

Die Miao setzen sich aus vielen Untergruppen zusammen. Somit konnten wir in nicht allzu weit voneinander entfernten Dörfern ganz unterschiedliche Trachten und Arbeitsweisen bewundern.


Empfang am Dorfeiingang. Hier sieht man, dass die Kostüme zwar den gleichen Schnitt zeigen, aber je nach Trägerin unterschiedlich ausgearbeitet sind:



Hier zeigt sich die Vorliebe der Miao für Silberschmuck: Knöpfe, Ohrhänger, Halsschmuck.








Auf den Dorfplatz zeigen die Frauen ihre Fertigkeiten: Spinnen, Bändchenweben, Sticken
Das Baby lässt sich nicht stören vom Trubel rundherum

In diesem Dorf sind die Trachten ganz anders. Auch hier wieder gibt es verschiedene Farben. Die Röcke sind gefaltet. Die Jäckchen stehen an der Taille weit  aus. Beachten Sie auch die Frisuren. Sie sind alle ähnlich und geschmückt mir einem Kamm.

Die Mütter tragen ihre Kinder in einem kompliziert gewickelten Tuch bis diese ca. drei Jahre alt sind. Das erlaubt den Frauen, ihren Haus- und Feldarbeiten nachzugehen und die Kinder immer bei sich zu haben. Die grösseren Kinder werden meistens von der Grossmutter betreut.

 Eine Demonstration in Batik

Diese Frau schneidet eine Schablone zu. Wohlgemerkt ohne vorzuzeichnen.

Die Berge in dieser Gegend sehen aus wie weibliche Brüste. Man bekommt eine Ahnung, wie schwer zugänglich Teile der Provinz sein können.

Landwirtschaftliche Maschinen wie Mähdrescher etc. sucht man hier vergebens. Die Arbeit wird mühsam mit primitiven Geräten gemacht.


Auch die Häuser weisen nicht unseren Lebensstandard aus. In vielen fehlen Möbel. Die elektrischen Leitungen sehen ziemlich abenteuerlich aus.

Gesehen irgendwo unterwegs
In diesem Dorf war es ganz witzig. Wir kamen viel zu spät an wegen der schlechten Strassenverhältnisse, aber die Leute warteten geduldig. Vielleicht weil sie einer christlichen Gemeinde angehörten? Jedenfalls war bald klar, dass unser Besuch etwas ganz Neues für die Bewohner darstellte. Wir wurden zum Schulhof geführt, wo sich die Kinder stramm in Reih und Glied aufstellten und ein Liedchen für uns sangen. 
 Dann war der Kirchenchor an der Reihe und sang mehrere Lieder. Und was für tolle Stimmen!!

Diese Kostüme sind wahrscheinlich aus Hanf oder Ramie und dekoriert mit Batikmotiven. Die Capes sind mit geometrischen Motiven  bestickt .

Dann wurden wir freundlich ausgewnkt.


Eine "Ladenstrasse"
Diese Gruppe führte für uns einen Tanz auf, bei flotter Flötenmusik. Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich.
Ein anderes Kaliber siind die grossen Festivals. Da gibt es viele, wie z.B. Neujahrsfest, Frühlingsfest, Mitte-Julifestival. Wir besuchten das "Sister-Festival", wobei die Mädchen eine Art Reisküchlein backen und kleine Gegenstände drin verstecken, die alle eine Bedeutung haben. Die Knaben buhlen um die Mädchen, die darauf den Kandidaten ein Küchlein schenken. Der Inhalt sagt dem Bewerber, ob er genehm ist oder lieber abschwirren soll. Abends schlagen sie sich dann in die Büsche. Was sie dort machen können mit den dicken Kleidern an, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.

Hier einige Bilder des Festivals.

 Die Mütter helfen die Mädchen, sich einzukleiden.
Die Kleinen sind über und über mit Selberschmuck behangen. auch die Jacken sind mit Selberplatten bestückt.


Bei diesen Knirpsen war (hoffentlich) der Zweck des Festivals wohl nicht ganz ernst gemeint.

Die Gesamtleitung der Reise hatte die Engländerin Gina Corrigan inne, eine bekannte Sammlerin von Miao Kostümen und Autorin vieler Fachbücher. Ein Grossteil ihrer Sammlung wurde vom British Museum gekauft. Sie ist wirklich eine Expertin.

Meine nächste Reise mit Gina Corrigan geht Februar 2016 nach Tibet zum Neujahrsfest. Dann finden viele Festivitäten in den Klostern statt. Die Tibeter kommen um zu beten, die Festlichkeiten zu verfolgen und Freunde zu treffen. Wir reisen in die Provinz Qinghai (frührer Amdo), wo – im Gegensatz zu Lhasa - die althergebrachten Zeremonien immer noch ungehindert stattfinden. Ich werde dann zu gegebener Zeit darüber berichten.

Wer Lust hat, sich anzuschliessen, kann sich bei mir melden. Ich schicke Ihnen gerne das Reiseprogramm zu. Die Anzahl TeilnehmerInnen ist auf 18 Personen beschränkt. Es hat schon genügend Anmeldungen, also die Reise findet definitiv statt. Aber es gibt noch einige freie Plätze. Je mehr mitmachen, umso günstiger wird der Preis pro Person. Einzige Voraussetzung: genügend Englischkenntnisse, damit man den Ausführungen der Reiseleitung einigermassen folgen kann.
Ich jedenfalls freue mich total auf die Reise.


 

1 Kommentar:

  1. Liebe Grietje, danke für diesen informativen Bericht. Welch wunderschöne und ausdrucksstark gefertigte Trachten du anschauen konntest. Unglaublich, was sich da über die Jahre entwickelt hat und heute noch zu sehen ist. Und es scheint ein sehr freundliches Volk zu sein, das gern diese Schätze zeigt. War sicher ein tolles Erlebnis, so eine Reise in eine ganz andere Welt. Danke, dass wir ein wenig dabeisein durften. Herzliche Grüße Anette

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