Freitag, 21. Februar 2014

Atelier - Einsichten und Aussichten

von Judith Mundwiler

Das Zitat vom Mittwoch "In einer guten Atmosphäre entsteht gute Kunst" habe ich einmal in einer Zeitung gefunden. Es hängt in meinem Büro.
Hier zu Hause habe ich meinen Arbeitsplatz mit Computer (hier schreibe ich im Moment diesen Blogbeitrag), Buchhaltungsordnern und einem Stapel Rechnungen und anderem KrimsKrams, der erledigt sein muss.
Vor fast zwanzig Jahren, als ich noch in der Schule unterrichtete, war das hier mein Nähzimmer. Da standen meine Nähmaschine, meine Stoff- und Fadenkisten.  An der Pinwand hingen die angefangenen Textilen Werke. Ich hatte also mein Atelier zu Hause, was manchmal sehr angenehm war. Ich konnte schnell mal ein paar Stiche nähen oder ein paar Stoffe zusammenstecken, während meine kleinen Kinder den Mittagsschlaf machten.
Als meine Jungs dann grösser wurden und meine Leidenschaft für die Textile Kunst wuchs, hatte diese Arbeitssituation auch ihre Schattenseiten: Kaum begann eine Idee zu fliessen für ein neues Werk, die Stoffe lagen bereit zum Verarbeiten, da war auch schon wieder Zeit zum Kochen,  die Waschmaschine musste von der Wäsche befreit werden, oder eine Nachbarin kam schnell auf einen Schwatz vorbei. Die Zerrissenheit zwischen meinem Alltag und dem immer stärker werdenden Drang, den Weg in meiner künstlerischen Arbeit zu gehen, führte mich auf die Suche nach einem Atelier an einem anderen Ort. Gleichzeitig brauchten unsere pubertierenden Jungs ihre eigenen Zimmer und ich musste mein Arbeitszimmer abtreten.
Durch einen glücklichen Zufall stiess ich auf mein jetziges Atelier in Sissach. Es hat sehr viele Fenster, liegt in einer idyllischen Umgebung eingebettet in einem Anbau von einem Wohnhaus. Und die Räumlichkeiten sind gross genug, dass ich hier auch Kurse anbieten kann. Nach einer kurzen Umbauzeit war mein neuer Arbeitsplatz so eingerichtet, dass ich mich schnell sehr wohl fühlte...und mich nach elf Jahren (am 6. Februar 2003 war die Atelier Eröffnung) immer noch sehr wohl fühle!
Da unsere Jungs mittlerweile ausgezogen sind, konnte ich wieder in meinem alten Nähzimmer  mein Büro einrichten. Hier zu Hause habe ich keine Nähmaschine mehr, und im Atelier in Sissach keinen Computer. So ist Büroarbeit und kreative Arbeit getrennt.

Mein Atelier in aufgeräumtem Zustand......
.......wenn ich am Arbeiten bin......
....... während einem Kurs.....
Vor fünf Jahren hatte ich das Gefühl, dass ich mehr Platz brauche zum Arbeiten. Mein Problem war (und ist es immer noch), dass ich mein Atelier als meinen eigenen Arbeitsplatz brauche und auch als Kursraum. Da gibt es oft die Situation, dass ich in meinem kreativen Chaos abtauche, eine Idee am fliessen ist und dann unterbrochen werden muss mit Aufräumen und Platz schaffen für die Kurse. Da entsteht für mich oft das Gefühl vom "Stecker rausziehen". Ich muss meinen kreativen Fluss unterbrechen und alles Material wieder an seinen Ort versorgen.
Meine Art zu arbeiten ist aber genau mitten in diesem "Chaos". Da entstehen meine spontanen Ideen: Hier ein Papier, welches in die neue Kreation eingebaut werden kann.......da ein Stickgarn, welches genau zu diesem Stoff passt..... und dann ist ja hier ein rostiger Draht, der genau dieser Collage die richtige Aussage gibt......




Also ging ich vor fünf Jahren auf die Suche nach einem neuen Atelier. Einige Räume habe ich angeschaut. Aber sie waren entweder in einem Fabrikareal mit Tageslicht nur von Oberlichtern. Oder es war ringsum nur Beton zu sehen aus den Fenstern. Oder es war zu laut.
Ich merkte, dass für mich die wunderbare, idyllische und ruhige Umgebung mit viel Grünzeug und Blühendem unersetzbar ist. Nach einigen Abklärungen konnte dann einen kleinen Anbau an mein Atelier realisieren. So bekam ich wenigstens eine Ecke für mich, die ich  nicht mit meinen Kursfrauen teilen muss.
Hier ein paar Eindrücke von meiner grünen Oase...

Meine "private" Ecke im neuen Anbau

Blick zum Sitzplatz

Fenster gegen Osten
Sicht gegen Westen

So bin ich im Moment sehr glücklich und zufrieden mit meinem Arbeitsort. Und auch meinen Kursfrauen (und selten auch ..Männern) scheint es  sehr wohl zu sein. Hier ein paar Impressionen aus den Kursen.....






Dreimal schon habe ich mein Atelier zu einem Ausstellungsraum umgebaut. Auch da entsteht eine ganz spezielle Atmosphäre....





Im Moment kann ich mich mit meinen Projekten nach Lust und Laune ausbreiten im Atelier, da ich dieses Semester und auch im Sommer weniger Kurse ausgeschrieben habe. Ich kann mich ganz auf meine gemeinsame Ausstellung mit Gabi zusammen in Birmingham konzentrieren. Und es laufen parallel dazu noch andere Projekte, die im Kopf und auf dem Tisch am entstehen sind.

Nach zwanzig Jahren Lehrtätigkeit in der Erwachsenenbildung will ich mich mehr auf meine künstlerische Arbeit konzentrieren. Da entsteht natürlich ein Vakuum, weil viele Kursfrauen auf mein neues Kursprogramm warten und bei mir im Atelier kreativ tätig sein möchten.

In der letzten Zeit konnte ich Iréne Coulaxides, eine talentierte, dynamische junge Textillehrerin, die schon viele Jahre zu mir in die Kurse kommt, begleiten und ermutigen, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Sie hat im letzten Herbst einen wundervollen Platz in einer ehemaligen Druckerei in Rheinfelden für ihr neu eröffnetes Atelier gefunden. Iréne bietet dort  Kurse im Textilen Gestalten für Erwachsene an. Sie hat im letzten Jahr auch Kurse in der LehrerInnenweiterbildung von mir übernommen, die ich nicht mehr annehmen konnte oder wollte.

Auch in diesen lichtdurchfluteten Räumlichkeiten ruht ein gutes Arbeitsklima...um wieder den Bogen zu schlagen zu meinem Spruch vom Mittwoch.......sehen Sie selbst....




Hier mehr über die Purpurwirkstatt von Iréne Coulaxides.

Wie gerne würde ich einmal in IHR Atelier hereinschauen!!! Das gäbe sicher eine spannende Reise durch all die verschiedenen Kreativräume! Wer weiss, vielleicht gibt es mal einen Blog mit Fotos von allen Ateliers, Werkstätten, Arbeitstischen, Büros und Studios von unseren TAFch-Blog-Leserinnen und Lesern!!??

5 Kommentare:

  1. Liebe Judith,
    was für eine schöner Beitrag über ein spannendes Thema. Ich finde es auch immer wieder interessant zu erfahren, wie denn die anderen Textilschaffenden arbeiten. Im ersten Teil des Berichtes musste ich etwas schmunzeln, ja da hab ich mich auch wieder gefunden. Aber ich bin immer noch in unserem Haus, nur mein Arbeitsbereich ist gewachsen und ich habe meine eigene Färbeküche bekommen. In der auch mein Mann manchmal mit Farbe "kleckert". Ich wünsche dir/euch in deinem/eurem "Paradies" noch viele tolle Ideen und die Zeit am Computer um uns daran teilhaben zu lassen.
    Liebe Grüße
    Myriam

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  2. liebe myriam
    ..ja, ich glaube, es geht einigen textilschaffenden so, dass sie sich die zeit und den raum für die kreativität freischaufeln müssen....und wenn das zuhause den platz bietet für mehr atelierraum...umso besser!!
    herzliche grüsse
    judith

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  3. Welch ein schöner Beitrag. Ich finde es immer sehr interessant, wie und wo die KünstlerInnen arbeiten und die schönen kreativen Dinge entstehen.Es ist wirklich eine schöne und besondere Atmosphäre durch die vielen Fotos zu spüren.Und so vielseitig:Atelier, Kursraum und Ausstellungsfläche.Da würde ich mich auch sehr wohl fühlen.Weiterhin noch viele tolle Ideen und viel Spaß dabei in dieser wunderschönen Umgebung. Danke fürs Zeigen. LG Anette

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  4. Was für ein toller Beitrag, mit so einigen Parallelen, was "Must haves" bei Arbeitsräumen und Umfeld angeht, und auch das Pendeln zwischen Kreativsein, Kursen, Erwachsenenbildung und eigentlich ist doch die Sehnsucht nach mehr Zeit für Eigenes groß... Ich liebe das kreative Chaos, das mich beflügelt und in Fluss bringt, und mag organisatorisch verordnete Unterbrechungen auch nicht so sehr... Aber was soll's, das Beste draus machen ;-) Lieben Gruß Ghislana

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  5. Merveilleuses photos et belles activités créatrices, bravo! Que de personnes heureuses de pouvoir en profiter!

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