von Grietje van der Veen
«Mottainai» ist die japanische Bezeichnung für «nichts verschwenden». Dies gilt für alle Bereiche des japanischen Lebens, Textilien inklusive. Ob dies in der heutigen japanischen Gesellschaft immer noch gilt, kann ich nicht beurteilen. Immerhin fiel mir auf, dass alle Souvenirs, die ich kürzlich während meiner Japanreise erstand, doppelt oder dreifach eingepackt wurden: zuerst einmal in schönes Papier, dann in eine dünne Plastiktüte und zum Schluss ging alles noch in eine Plastik Tragtasche.
Es war aber tatsächlich so, dass in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Japaner sehr arm waren und man es sich nicht leisten konnte, irgendetwas zu verschwenden, schon gar keine Lebensmittel.
Hier will ich aber über den Gebrauch von Textilien in Japan berichten. Vor allem auf dem Land war Sparsamkeit und Genügsamkeit in deren Gebrauch üblich. Das Recyceln von Stoffen hat eine Jahrhunderte lange Geschichte, vor allem im Norden Japans. Die Bäuerinnen waren sehr geschickt darin, alten Stoffen neues Leben einzuhauchen.
Zerschlissene Kleidung und Tücher wieder und wieder geflickt, und wenn sie zu dünn wurden, legte man die geflickten Textilien auf einander und nähte sie mit Zierstichen zusammen. So entstanden neue Kleider, Tücher und Bettdecken in ungeahnter Schönheit. Ganze Generationen hinterliessen ihre Spuren in den Decken. Diese Kreationen werden «Boros» genannt. Übersetzt: «zerrissene Lumpen».
Die Decken wurden oft als Unterlage für Entbindungen
gebraucht. Durch den Kontakt mit den Tüchern bekamen die Neugeborenen Schutz und Segen von ihren
Vorfahren.
Im Amuse Boro Museum in Tokio konnten wir viele Prachtexemplare bewundern.
Diese Decke hat die Grösse von ungefähr zwei Tatami Matten (ca. 9 Quadratmeter). Die ganze Familie benutzte sie zusammen als Matratze. Einmal im Jahr im Sommer wurde das Stück ausgekocht, um die Läusenisse zu entfernen, und dann im Fluss gewaschen.
Hanf gab als Füllung schön warm.
Einige Stücke muten sehr modern an.
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Bei diesem Stück besteht nur das Futter aus Flickstücken |
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Dieses Hemd diente als wärmende Unterwäsche. Es zeigt die Innenseite nach aussen gestülpt. Darüber wurde Arbeitskleidung getragen.
Als besonders schön fand ich, dass man im Mueseum explizit aufgefordert wurde, die Textilien zu berühren.
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Dies ist der untere Rand des oben gezeigten Mantels |
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eine Uniform |
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Detail der Uniform |
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Ein wunderschönes Ensemble |
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Detail vom obigen Mantel |
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Detail vom obigen Mantel | | | | | |
Noch einige Detailaufnahmen von den Stickereien. So einfach die Stickereien sind, so wirksam erscheinen sie.
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Shibori und Saschiko |
Eingerahmte Stoffreste als Kunstwerke an der Wand. Raffinierte Farbkompositionen!
Es war schön, diese Kreationen sehen zu dürfen. Sie halten unserer Wegwerfgesellschaft einen Spiegel vor. Sie zeigen: Es geht auch anders.
Hier gehts zum Amuse Boro Museum
Merci, j'espère que je pourrai aller voir ce Musée comme je vais au Japon au mois de janvier:)
AntwortenLöschenIch wünsche dir eine ebenso tolle Reise, wie ich sie gehabt habe.
LöschenViel Erfolg
Grietje
Liebe Grietje, das sind ja wirklich beeindruckende Textilien, die du da gesehen hast. Und sie sehen dazu noch aus, als wenn man nicht einfach geflickt, sondern sich ein Kunstwerk mit viel Mühe überlegt hätte. Deine Begeistertung kann ich nachempfinden. Und wir sollten uns über unsere Wegwerfmentalität wirklich öfter Gedanken machen!Ich hoffe, dass die Upcycling-Bewegung sich noch lange hält. Danke für das Mitnehmen auf die sicher beeindruckende Reise. Liebe Grüße Anette
AntwortenLöschenDas ist gerade das, was mich so begeistert. Die Arbeiten sind zwar praktisch gemeint, aber sie sehen aus wie Kunstwerke. Das sollte man auch versuchen.
AntwortenLöschenliebe Grüsse
Grietje