Gabi Mett
Ich möchte Ihnen heute eine inspirierende und international renommierte Künstlerin vorstellen, deren Werk nicht nur auf einer Briefmarke, sondern auch auf einem Schweizer Geldschein zu finden ist.
Sophie Taeuber-Arp
Sophie Henriette Gertrud Taeuber wird am 19.1.1889 in Davos geboren.
In St. Gallen beginnt sie ihre künstlerische Ausbildung. Von 1906 - 1910 studiert sie dort in der Textilabteilung an der École des arts décoratifs. 1910 zieht sie nach München, um dort die Lehr- und Versuchsateliers für angewandte und freie Kunst zu besuchen. An diesem Institut, der sogenannten Debschitzschule, wird sie in die grundlegenden Techniken der Textil- und Holzbearbeitung eingeführt. Diese Ausbildung bildet die Grundlage für ihre spätere freie künstlerische Arbeit. Diese Einrichtung stand der von William Morris initiierten „Arts and Crafts“-Bewegung sehr nahe und nimmt entscheidende Ideen des Bauhauses vorweg.
1914 zieht die Künstlerin nach Zürich. Durch das Malen von Stillleben und durch kunstgewerbliche Arbeiten sichert sie ihr Einkommen. Sie tritt dem schweizerischen Werkbund bei.
Perlenarbeit, ohne Titel, 1920 |
Perlenarbeit, ohne Titel, 1920 |
ovale Komposition mit abstrakten Motiven, 1916 |
ohne Titel, 1924 |
1915 lernt sie ihren späteren Mann, Hans Jean Arp, kennen, der zu diesem Zeitpunkt mit anderen Künstlern die Dada-Bewegung ins Leben ruft. Diese Bewegung, die sich später in weiteren Städten in Europa etabliert, stellt sich gegen den Krieg einerseits und gegen die bestehenden gesellschaftlichen und ästhetischen Normen. Mit schockierenden und provozierenden Aktionen macht die Gruppe auf sich aufmerksam. Dazu gehören auch gestische Ausdruckstänze, denen sich Sophie Taeuber in besonderer Weise widmet.
Parallel zu ihrer eigenen künstlerischen Entwicklung steht sie ab Mai 1916 der Textilklasse der Kunstgewerbeschule in Zürich vor, ein Spagat. In dieser Textilklasse verfolgt sie das Ziel, den lieblichen Entwürfen die ihr eigene geometrische und konstruktivistische Entwurfsgestaltung entgegenzustellen. Sie führt eine elementare Formensprache ein, die sie auch ihren Schülerinnen vermittelt u.a. Elsi Giauque.
In ihren eigenen Arbeiten stehen zu dieser Zeit vertikal-horizontale Kompositionen im Mittelpunkt.
Es entstehen auch die ersten gemeinsamen Arbeiten mit Hans Arp.
Amphore, 1917, gemeinsame Arbeit |
Ab 1917 sind beide ein Paar. Sie treten der Künstlervereinigung „Das neue Leben“ bei. Die Künstlerin inszeniert ein richtungsweisendes Bühnenbild für Carlo Gozzis „König Hirsch“ und fertigt auch die Marionetten für die Aufführung an.
Am 20.10.1922 heiraten Sophie Taeuber und Hans Arp. Er bewirbt sich um die Schweizer Staatsbürgerschaft, die ihm allerdings 1925 endgültig verwehrt wird. Er lebt nun in Paris, Sophie auf Grund ihres Lehrauftrags die meiste Zeit in Zürich. Ihre textilen Werke werden in Europa immer erfolgreicher. Ein Höhepunkt ist die Präsentation ihrer Wandteppiche in der „International Exhibition of Modern Tapestries“ im Toledo Museum of Arts in den USA.
Paris, Cimetière Montmartre, 1926, Gouache auf Paier |
Composition Aubette, 1927, Pavatex, bemalt |
Bar Aubette, Rekonstruktion, 1926-28, 1998 |
1929 gibt Sophie Taeuber-Arp ihre Stellung in Zürich auf und geht ihren eigenen künstlerischen Ideen und Vorstellungen nach. Das Paar, das auch immer wieder gemeinsam arbeitet, schließt sich der Gruppe „Cercle et Carré“ und der Gruppe „Abstraction-Création“ an. Sophie Taeuber-Arp fertigt Gemälde, Gouachen, Reliefs und Zeichnungen an, in denen sie neben streng-konstruktiver Vorgehensweise eine bewegt-organische Zeichensprache entwickelt. Hier ist auch der Startpunkt für die Serie „Lignes“ zu sehen. Ende der 30iger Jahre arbeitet sie als Herausgeberin der progressiven Künstlerzeitschrift „Plastique“ und wird Mitglied der schweizerischen Künstlergruppe „Allianz“.
composition á cercles, carrés et rectangels, 1933 |
composition dans un cercle blanc, 1936 |
Coquilles, 1937, Graphit auf Papier |
lignes perdu sur fond chaotique, 1939 |
mouvement de lignes sur fond chaotique, 1940 |
ohne Titel, 1940 |
Sophie Taeuber Arp |
Ihre Arbeiten und auch die ihres Mannes gelten als Wegweiser der Moderne. Sophie Taeuber-Arp galt als eine der Wegweiserinnen der konstruktiven Kunst in der Schweiz.
Ein Aspekt hat mich noch besonders interessiert:
Es scheint in dieser Künstlerehe kein Problem gewesen zu sein, daß beide ihren Weg gingen und daß man trotzdem auch immer wieder intensiv zusammengearbeitet hat. Sophie Taeuber -Art wurde nicht auf die Muse reduziert, wie das ja oft bei Künstlerbeziehungen der Fall war. Trotzdem stand sie aber lange Zeit bis nach dem zweiten Weltkrieg im Schatten ihres Mannes. Erst da wurde sie neu entdeckt und entsprechend gewürdigt.
In der „Kunstzeitung“ vom Mai 2016, Seite 2, finde ich noch einen Beitrag, der diese Sicht unterstreicht:
Die Verleger Lindinger und Schmid schreiben: „... So waren wir, Gelegenheitsmaler, wenn der verlegerische Alltag bewältigt ist, lieber von Anfang an auf Augenhöhe und auf einer Ebene tätig. Auch gleich große Büros sind selbstverständlich, nicht so wie im Hause Jackson Pollock/Lee Krasner, wo sie nur über eine kleine Malerecke verfügte, er sich dagegen ausbreiten wollte. Solche und freilich andere Widrigkeiten führen irgendwann ins Abseits jeder Partnerschaft, letztlich zur Trennung, die bisweilen Jahrzehnte danach noch heftige Auseinandersetzungen provozieren kann, denkt man an das einstige Traumpaar der Avantgarde, an Ulay und Marina Abramovic. Halten wir es stattdessen besser mit Hans Arp, der die Lösung in inniger Zusammenarbeit sah und dieses Streben nach Harmonie in seinen Gemeinschaftsarbeiten mit Sophie Taeuber-Arp auslebte. Wie aus einem Guss: das „Duo-Gemälde“ aus dem Jahr 1939.“ Sicherlich ist es nicht korrekt ausgedrückt, wenn sie von seinen Gemeinschaftsarbeiten sprechen, aber das lassen wir einmal dahingestellt.
Ich selbst werde auch immer wieder nach der Zusammenarbeit mit meinem Mann gefragt, insbesondere dann, wenn wir eine neue Ausstellung erarbeitet haben oder andere gemeinsame Ideen wie die Edition Spielraum umgesetzt werden. Wie funktioniert so etwas, wie kann man Werke gemeinsam erarbeiten und auch ausführen.? Da ist keine kurze Antwort möglich, denn diese Zusammenarbeit ist in über 30 Jahren gewachsen. Was hat Karl Valentin gesagt: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Ich möchte hinzufügen: das Führen einer künstlerischen Partnerschaft ist besonders schön, macht aber auch viel Arbeit.
Photos aus dem Katalog:
Licht auf Arp,
Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp aus der Sammlung des Landes Rheinland-Pfalz,
Richter Verlag Düsseldorf, 2008,
ISBN: 978-3-937572-93-2
Liebe Gabi
AntwortenLöschenDanke für Deinen Bericht über Sophie Taeuber-Arp! Leider wird ihr Porträt auf unserer 50-er Banknote verschwinden! Seit ein paar Wochen gibt es eine neue Note und die alten werden nach und nach aus dem Verkehr gezogen!
Ich komme gerade zurück von der Ausstellung "Tapisseries nomades" im MUSEE CANTONAL DES BEAUX-ARTS in Lausanne.Hier sind ganz eindrückliche Werke von der Epoche nach Sophie Taeuber-Arp zu sehen. Ich kann den Besuch allen Kunstinteressierten empfehlen! Die Ausstellung ist noch bis zum 29.Mai geöffnet. Lausanne ist eine Reise wert!
Herzliche Grüsse Judith
Liebe Judith,
AntwortenLöschenschön, dass Du auf der Ausstellung warst. Da wirst Du mir ja einiges berichten können.
Manchmal würde ich gerne eine Art Stammbaum erstellen, aus dem hervorgeht, welche Künstler von welchen Lehrern ausgebildet wurden. Wie ist der Fortgang und welche Schülerinnen sind ebenfalls wieder einflussreich geworden.
Liebe Grüße Bis bald Gabi
Liebe Gabi,
AntwortenLöschenherzlichen Dank für diesen tollen Bericht. Sophie Täuber-Arp war eine geniale Künstlerin. Ich durfte ihre Werke in einer Einzelausstellung bewundern. Begeisternd, was da zu sehen war.Und so wenig auf eine Richtung festgelegt, das fand ich sehr erstaunlich. Eine geniale Frau!
Eine Art Stammbaum wäre sehr interessant. Man könnte dort sicher einiges ablesen und nachvollziehen.
Herzliche Grüße
Anette