Freitag, 21. April 2017

Textile Graffitis




Gästeblog
Einmal pro Monat erhält eine der Künstlerinnen welche für Teximus 2 nominiert war, die Gelegenheit sich und ihre Werke vorzustellen. 
Die erste in dieser Reihe ist:

Bea Bernasconi

Ich bin ausgebildete Krankenschwester und habe ein Diplom in Management von klinischen Studien. Ich arbeite Teilzeit als Studienkoordinatorin.

Genäht habe ich eigentlich schon immer, das hat angefangen als Kind wo ich aus den weissen Vorhängen in unserem Wohnzimmer das Hochzeitskleid für meine Puppe rausschnitt, sehr zum Ärger meiner Mutter. Meine erste Nähmaschine habe ich mir während der Ausbildung zur Krankenschwester gekauft. Auf ihr habe ich mir meine ersten Kleider selber genäht, später waren es dann eher diejenigen für meine drei Kinder.
1996 bin ich durch Zufall in London auf ein Buch von Kaffee Fasset gestossen. Ich war begeistert! Anfangen hat es also wie bei vielen mit eher traditionellem Patchwork. Ich war dann aber schnell einmal frustriert, alles was ich da nähte, war oder wurde von Anderen in verschiedener Farbzusammenstellung oder Kombination genauso genäht.  Ich beschloss meine eigenen Werke zu kreieren.
Mein allererster Quilt
Ich besuchte Workshops mit verschiedenen international bekannten Künstlerinnen bei welchen ich die verschiedensten Techniken und Materialen kennenlernte und begann zu experimentieren. Eine wichtige Station in meinem künstlerischen Werdegang war sicher eine Masterclass mit Linda Colsh in der ich nicht nur viel über Design erfuhr sondern auch den Mut fand meinen eigenen Weg zu finden und ihn auch zu gehen. Dazu kommen die vielen Kontakte mit Personen die sich mit Textilkunst befassen.  
Ich habe mich neben der Textilen Kunst auch immer wieder für andere Kunstrichtungen interessiert, hier und da mal was ausprobiert, mich auch begeistert, aber schlussendlich bin ich immer wieder zum Textilen zurückgekommen. Nähen ist für mich eine Notwendigkeit geworden, eine Art Sucht.
Alle meine Arbeiten sind vorwiegend aus Stoff. Ich benutze mittlerweile fast nur noch weisse alte Bettlaken als Basis. Diese werden gefärbt, entfärbt, gebleicht, gerostet, bedruckt, bemalt mit den verschiedensten Techniken. Kommerziell bedruckten Stoff brauche ich selten mehr. Dazu kommen Organza, Seide, und allerlei gesammeltes Zeug. Papier ist ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeiten. Ich sammle allerhand Material, dazu gehören Zeitungen aus allen Ländern die ich bereise, aber auch rostige Nägel und Bierdosen oder andere Fundstücke die in meine Arbeiten integriert werden.
Die Inspiration finde ich in meiner Umwelt, alte verwitterte Mauern, abblätternde Farbe, Graffitis, interessante Begegnungen, Geschehen die mich beschäftigen.
"small walls"
Ausser die Umstände erfordern es, habe ich selten ein Projekt, meine Werke entstehen spontan, intuitiv, ohne vorheriges Konzept. Einer Idee folgend experimentiere ich, verbinde Teile, schichte, nähe und sticke bis mir das Resultat gefällt. In vielen von meinen Werken findet man Texte, teils reduziert auf einzelne Worte oder sogar nur Buchstaben; es sind Fragmente geheimnisvoller Geschichten zu welchen sich der Betrachter seine Gedanken machen und seine eigene Geschichte schreiben soll. Meistens arbeite ich in Serien, im Moment an „Faces“ inspiriert haben mich dazu Fotografien von Gesichtern von welchen ich Zeichnungen anfertige diese nähe und sie mit Papier und Stoffresten ergänze.
"Incontri"
Sicherlich wäre es wünschenswert wenn die Textilkunst in der Öffentlichkeit besser anerkannt würde. Wenn ich erzähle ich sei eine Textilkünstlerin haben die wenigsten Leute eine Ahnung was das heisst. An gemeinsamen Ausstellungen mit Künstlern von Anderen Kunstrichtungen sind die meisten Besucher erstaunt was man mit Stoff oder anderen textilen Fasern alles machen kann. Hier im Tessin ist es eher schwierig auszustellen; bevorzugt werden Malerei, Fotografie oder Skulptur.
Die Herausforderung an Projekten mit anderen Künstlern zu arbeiten nehme ich regelmässig an. Es ist immer wieder faszinierend mit Anderen, mir vorher meist unbekannten Personen, Themen auszuarbeiten und sich dabei zum Beispiel an gewisse Vorgaben zu halten. Der konstruktive Austausch ist eine bereichernde Erfahrung und ich lerne immer wieder neue interessante Leute kennen.
Ich könnte mir zwar vorstellen Anderen eine Technik zu vermitteln, ich wüsste aber nicht wie ich ihnen erklären könnte was in mir vorgeht während des kreativen Prozesses welcher schlussendlich zum Endresultat eines Werks führt.
Es gibt ein reiches Angebot um sich verschiedene Techniken und Grundwissen anzueignen, was jemand mit dem Gelernten macht ist dann die persönliche Kreativität, welche aus meiner Sicht nicht weitergegeben oder studiert werden kann.
"Gennaro's secret"
 Und übrigens, das Bild vom Wordless Wednesday ist ein Bildausschnitt von „Akina Mame“

2 Kommentare:

  1. Ja diese Intuition aus dem Innersten lässt sich schwer erklären. Sie lässt aber die Kunstwerke aufleben und macht sie einzigartig.

    »Eine Intuition ist Wissen, das auf Erfahrung beruht und durch direkten Kontakt mit dem Wahrgenommenen erworben wird, ohne dass der intuitiv Wahrnehmende sich oder anderen genau erklären kann, wie er zu der Schlussfolgerung gekommen ist.« Definition von Berne

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  2. Liebe Bea, vielen Dank für den Einblick in deine Arbeiten, die mir ausgesprochen gut gefallen.Ich finde es immer spannend, ein wenig hinter die "Kulissen" schauen zu können und etwas mehr über die Schöpferin zu erfahren.
    Liebe Grüße
    anette

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