Freitag, 29. April 2016

Die Kissenbilder von Gotthard Graubner

von Judith Mundwiler

Kürzlich habe ich den deutschen Maler Gotthard Graubner entdeckt. Seine farbigen Kissenbilder ziehen mich total in den Bann. Ich möchte bei der nächsten Gelegenheit seine Werke "in natura" sehen und erleben - mitatmen - so beschreibt es Graubner selbst. "Meine Bilder muss man mitatmen". Ist das nicht ein faszinierender Ansatz??
Die kissenartigen Bilder sind zum Teil riesig und in ihrer Farbigkeit strahlen sie eine unglaubliche Tiefe aus.

In Wikipedia wird Graubner so beschrieben:

Graubner setzte sich in seinem Werk mit der Farbe als Gegenstand der Malerei auseinander. Seit 1962 schuf er abstrakte Gemälde. Die zweidimensionale Leinwand spannte er auf den Keilrahmen über eine dicke Schicht synthetischer Watte. Es entstanden Objekte, die er Kissenbilder nannte. Zwischen 1968 und 1972 stellte er sogenannte „Nebelräume“ her und seit 1970 nannte Graubner seine Werke Farbraumkörper. Das sind häufig große Formate, wie z. B. die Gemälde seines Zyklus zu Franz von Assisi. Graubner trug viele Schichten Farbe bzw. Lasur auf, wobei die Saugkraft des Untergrunds eine Rolle spielt. Entscheidend für ihre Wirkung ist in unterschiedlicher Weise die Intensität seiner Malweise. Dabei entstanden Farblandschaften mit zu Kontemplation einladender Ruhe; vielfarbigen Werken stehen monochrome Bilder mit feinsten Farbnuancen gegenüber. Das Eigenleben der Farbe zu entwickeln, befreit von dem Anspruch, etwas anderes darstellen zu müssen als sich selbst, war das Thema der Kunst Gotthard Graubners

Gotthard Graubner ist am 13. Juni 1930 geboren und  vor drei Jahren, am 24. Mai 2013 gestorben. Wieso habe ich nie etwas von diesem grossartigen Künstler gehört?

Der Filmemacher Tilmann Urbach hat 2010 einen Dokumentarfilm über diesen ausserordentlichen Künstler gedreht. Ich werde mir diesen Film bei Gelegenheit anschauen.
Sie finden HIER den Link zum Trailer vom Film "Gotthard Graubner - FARB-RAUM-KÖRPER"

Wenn ich den Namen google und "Bilder" anklicke, kommt eine solche Frabenpracht auf den Bildschirm:


Machen Sie doch mal eine Reise durch diese Bilderwelt!
Den Link dazu finden Sie HIER.

Bei meiner Recherche zum Künstler bin ich auf einen Artikel gestossen über die Eröffnung zum Raum der Stille im Landtag von Nordrhein Westfahlen.
Dort wurde im Parlamentsgebäude einen konfessionsübergreifenden Andachtsraum geschaffen von Gotthard Graubner. Er hat eineinhalb Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Bemerkenswert vor allem in der heutigen Zeit der kontroversen Diskussionen über Konfessionen und der Radikalisierung innerhalb der Glaubensrichtungen.
Hier in der alltäglichen Hektik im Parlamentsgebäude können sich die PolitikerInnen zurückziehen in den Raum der Stille und sich sammeln, bewusst atmen, die Bilder mitatmen.

Auf der Webseite vom Landtag NRW finden Sie einen Bericht zur Einweihung des Raums. Der Text ist von Bertram Müller, Rheinische Post
Bilder (auch dasjeninge vom Mittwoch) sind von Bernd Schälte

Raum der Stille – gestaltet von Gotthard Graubner

Der Düsseldorfer Künstler Gotthard Graubner (81), der durch seine sogenannten Farbraumkörper bekannt wurde, hat im NRW-Landtag einen konfessionenübergreifenden Andachtsraum eingerichtet. Parlamentarier und Besucher sollen darin zu sich selbst finden können. Seit Jahren laden die katholische und die evangelische Kirche Donnerstag für Donnerstag im nordrhein-westfälischen Landtag zu einer Andacht ein. Bis zu 40 Parlamentarier finden sich dann für eine halbe Stunde in Gottes Namen zusammen, um sich daran erinnern zu lassen, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt.


Der 81-jährige Düsseldorfer Maler Gotthard Graubner hat im Auftrag des Landtags einen Raum der Stille entworfen, der seine Gäste der Hektik des Parlaments entzieht, sobald sie ihn betreten. Wenige Schritte vom Haupteingang entfernt öffnet sich nun eine Tür zu einem ehemaligen kleinen Sitzungsraum, der kaum wiederzuerkennen ist. Eine Lichtdecke und eine Lichtwand, die den Saal nach draußen abschirmt, verbreiten eine diffuse Helligkeit, die zwei gelbe Farbraumkörper an den Wänden optisch vibrieren lässt und eine nahezu irreale Atmosphäre erzeugt. Ein Vorraum nimmt die überzähligen der hellen, bauhausartigen Holzstühle auf, die den Gästen im Raum der Stille Platz bieten. Wer sich dort niederlässt, sei es zur Andacht, sei es, um Ruhe zu finden, gerät unweigerlich in den Sog der Bilder.

Links hängt ein 80 mal 80 Zentimeter kleiner, in kaltem Gelb erstrahlender Farbraumkörper an einer großen Längswand, vorn wirkt ein 2,80 mal 2,80 Meter messendes Kissenbild in überwiegend warmen Gelb-Nuancen von der kleinen Stirnwand auf den Betrachter. Wer lange genug hinschaut, der merkt, wie die linke Ecke des weiß gestrichenen Raums unter dem Eindruck des überwältigenden Gelbs verschwimmt, bis sich der Eindruck von Räumlichkeit verliert. "Das Bild trägt die Wand, nicht umgekehrt", merkt Graubner dazu an. Dies ist die Stimmung, in die er die Besucher seines Ambientes versetzen will. Daran hat er anderthalb Jahre gearbeitet. Die Eingangstür hat er versetzen lassen, auf religiöse Zeichen hat er verzichtet, damit sich Juden und Moslems im Raum der Stille ebenso wohl fühlen wie Christen. Jugendliche, die auf einen Beruf vorbereitet werden, haben die schlichten Stühle gestaltet.


Heller Teppichboden dämpft die Geräusche. Und jetzt liegt es am Besucher, sich dem Raum so zu öffnen, dass er die von Graubner beabsichtigte Wirkung erzielt: Man muss bewusst atmen und dabei "die Bilder mitatmen". Mehr als nur ein Hauch von Fernost weht an diesem Ort - Graubner sagt: "Ich liebe sehr die Asiaten", den Taoismus vor allem. Durch die tiefe Hängung der beiden Bilder sieht sich der Betrachter veranlasst, den Blick zu senken. "Vor Kunst", so erklärt Graubner schmunzelnd, "geht man in die Knie, und zum lieben Gott blickt man auf." Für Graubners Verhältnisse sind derlei Ausführungen schon ein hohes Maß an Eigendeutung, denn eigentlich hält er es mit dem Maler Monet, der geäußert habe: "Wenn ich es sagen könnte, würde ich es nicht malen.


Räume der Stille gibt es bereits in anderen Parlamentshäusern. Für den Berliner Reichstag hat Günther Uecker einen solchen Raum gestaltet und auch den Abgeordneten von Sachsen und Bayern bietet sich eine Rückzugsmöglichkeit. In Düsseldorf hat erst ein Anbau des Landtags diese Möglichkeit eröffnet. Dadurch wurde Platz für Spiritualität frei. Wenn künftig muslimische Besucher danach fragen, wo sie beten können, wird man sie in die von Graubner geschaffene Abgeschiedenheit bitten. Während der Andachten wird der Raum nach Auskunft von Peter Jeromin, der sich im Auftrag des Landtagspräsidenten um die Verwaltung kümmert, allerdings kein reiner Farbraum sein, sondern einen Tisch, ein Kreuz und einen Kerzenständer aufnehmen, dazu eine fahrbare Orgel.

Wer den Landtag von innen kennt, der weiß, dass an seinen Wänden eine Fülle von Bildern hängt, die aus Ateliers berühmter nordrhein-westfälischer Künstler stammen, von Emil Schumacher bis zu Otto Piene. Nur Graubner war bislang nicht vertreten. Man hat es schlicht versäumt, eine seiner Arbeiten zu erwerben, als sie noch erschwinglich waren. Jetzt aber hat Graubner seine Spuren an einem Ort hinterlassen dürfen, der mehr Dauer verspricht als die Wände der Flure und Büros, denn ein sakraler Raum erhebt immer Anspruch auf Ewigkeit. So sieht es auch Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg: Graubners Raum der Stille, so sagt er, sei etwas, das bleibt. Der Raum schützt seine Besucher vor der Hektik des Parlaments.


Text: Bertram Müller, Rheinische Post
Foto: Bernd Schälte

Foto aus dem Bericht von oben

Und HIER noch ein kleiner Film über die Farbkissen von Gotthard Graubner


Hat jemand von Ihnen, liebe Blog - Leserinnen und - Leser, diese Bilder schon in einem Museum oder in einer Ausstellung gesehen?
Wenn jemand eine aktuelle Ausstellung weiss, würde ich hier den Hinweis dazu veröffentlichen!


Letztes Jahr durfte ich ein Werk von mir in einem "Raum der Stille" in einer Institutuion vom Kanton Baselland aufhängen. Es wurde zur Einweihung des Erweiterungsbaus angekauft.

Es ist das Werk "Der alte Gott"
Entstanden ist es nach einem Gedicht meiner Freundin Susanne Ernst.

Das Werk hat den Untertitel "Spinnwebfäden"

Détail






 







4 Kommentare:

  1. Liebe Judith,

    ist es nicht toll, wenn man Kunst entdeckt, die einen so in ihren Bann schlägt? Ich kenne die Arbeiten von ihm, habe sie auch schon im Original gesehen. Ich muss noch mal nachforschen, aber ich glaube, bei uns im Folkwangmuseum hat er auch eine(?) oder mehrere Arbeiten.Was mich besonders fasziniert, ist die Konsequenz, mit der manche Künstler ihrer Idee folgen.

    liebe Grüße Gabi

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  2. Liebe Gabi
    Ja, das fasziniert mich auch so an Graubner, die Konsequenz in seiner Arbeit! Und vor allem: er hat seine Kunst nie "erklärt"!!! Es gibt ganz wenige Interwievs mit ihm. Und ich glaube, die Tatsache, dass dieser Dokumentarfilm über ihn gedreht werden konnte, war recht aussergewöhnlich. Er zitierte auch gerne Monnet: "wenn ich es sagen könnte, würde ich es nicht malen".
    Es werden heute immer zuviel Erklärungen zur Kunst gesucht. Das merke ich ja bei mir selbst auch. Alles möchte ich begründen und erklären mit Worten, was eigentlich zu sehen und zu entdecken wäre. Aber die intellektuelle Seite in der Kunst scheint eine wichtige zu sein. Und wenn sie nicht vorhanden ist, ist es keine Kunst!!!
    Herzlich Judith

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  3. Liebe Judith,
    da hast du aber "einen Schatz gehoben". Welch ausdrucksstarke Bilder er gemalt hat. Ich bin genauso begeistert wie du!!!! Traumhaft und sicher kann man sie mitatmen. Ich hoffe, dass mir auch mal ein Original begegnen wird.
    Herzliche Grüße
    Anette

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  4. Grüss Gott aus Bayern.

    Mich verbindet mit Graubner eine ganz seltsame Geschichte. Ich konnte früher nichts mit seinen "Farbkissen" anfangen, ja, wenn ich sie gelegentlich mal in einem Museum sah, war ich beinahe "empört", den Betrachter "so etwas" zuzumuten. Dabei bin ich kein konservativer Kunstbetrachter, ich bin selbst Maler, mag abstrakte Malerei, Minimal Art, Monochrome Malerei usw. sehr. Aber Graubner war mein "rotes Tuch" (fast so "schlimm" wie Beuys).
    Aber dann besuchte ich vor mehr als 25 Jahren das erste Mal die Museumsinsel Hombroich bei Neuss, die sogenannte "Raketenstation", wo Graubner ja auch bis zuletzt arbeitete und lebte. In Hombroich gibt es übrigens so viele Graubner-Werke dauerhaft zu sehen, wie ich keinem anderen mir bekannten Museum, und ein Besuch dieses wunderschönen Ortes lohnt sich auf jeden Fall, nicht nur Graubners wegen. Auf Hombroich liess ich mich also darauf ein. Je mehr ich von ihm sah, und je länger ich vor jedem seiner Werke stehen blieb und meinen Blick und meine Gedanken in sie hineinversinken liess, umso faszinierter war ich. Ich begann, mir Kataloge über Ausstellungen von Graubner-Werken zu kaufen, besuchte auch weitere Ausstellungen, in denen zumindest ein oder zwei Werke von ihm hingen, und ich muss sagen, dass Graubner seit gut 25 Jahren mein ABSOLUTER Favorit unter den Gegenwartskünstlern ist.

    Übrigens, Judith, gefällt mir Ihr Werk "Der Alte Gott" sehr! Ich bedauere etwas, dass das Gedicht nicht dabei steht, das wäre toll...

    Lieben Gruss

    Peter

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