Es wird in der Textilkunst viel mit recyceltem Material gearbeitet. Rostige Schrauben, Federn, Schokoladenpapier, etc. Darum geht es mir heute nicht. Ich möchte mich hier diesmal ausschliesslich dem Thema der Wiederverwertung von Textilien widmen.
Billigketten (ich nehme an, Sie können einige bei Namen nennen) überschwemmen den Markt mit Modekollektionen, die alle paar Wochen erneuert werden. Die Kleider sind so preiswert, dass sogar Teenies mit kleinem Budget sich X-Sachen leisten können. Bekannte Designers entwerfen Kollektionen für diese Läden und tragen wesentlich zum Erfolg bei.
Wussten Sie, dass es gemäss WWF 8.500 Liter Wasser braucht, um ca. 1 kg Baumwolle zu produzieren? Das reicht gerade für ein paar Bluejeans. Rechnet man dazu, dass der Boden für den Anbau mit Pestiziden und Dünger verseucht wird, dann wundert es nicht, dass die Textilindustrie einer der grössten Umweltverschmutzer der Welt ist. Auch wir Textilkünstler tragen zur Verschmutzung bei. Am Anfang meiner Beschäftigung mit Patchwork und Quilten habe ich massenhaft Stoffe – sozusagen auf Vorrat - gekauft, die heute noch, fein säuberlich nach Farben geordnet, in meinen Schubladen ihr Dasein fristen. Jetzt werden sie nach und nach hervor geholt und als Recycelprojekte verarbeitet. Endlich! Was aber nicht heisst, dass ich den Schaden damit rückgängig gemacht habe. Auch meine Projekte landen irgendwann in den Abfall.
Textilien weiter zu geben, damit sie nochmals gebraucht werden, ist positiv, hat aber nicht in jeder Hinsicht den gewünschten Effekt. Zum Beispiel sortiert „Texaid“ die erhaltenen Textilien in wiederverwendbare und in Abfall aus. Der Abfall wird zu Putzlappen verarbeitet, die noch tragbare Kleidung meistens in Drittweltländer verschickt. Dort wird das Material ballenweise von KleinhändlerInnen erstanden und auf dem Markt weiterverkauft. Unschöner Nebeneffekt: Die heimische Textilindustrie stirbt aus, denn es lohnt sich finanziell nicht mehr, selber Kleider zu nähen. Viele Arbeitsplätze gehen verloren, ebenso vieles von der einheimischen Kultur.
Die Aktion einer Fashionkette, nicht mehr gebrauchte Kleider entgegen zu nehmen gegen Abgabe einer Gutschrift von 15% auf ein Kleidungsstück nach eigener Wahl, sehe ich auch kritisch. Die Rabatte verleiten dazu, noch mehr neue Kleider zu kaufen. So steigt der Umsatz der Ladenkette als willkommener Nebeneffekt! Also ganz so uneigennützig ist das auch wieder nicht.
Wie dem auch sei: Recyceln ist immer noch besser als wegwerfen. Das am Mittwoch gepostete Werkdetail zeigt als Hintergrund das interessante Futter einer Jacke, die ich jahrelang getragen hatte, bis ich sie nicht mehr sehen konnte. Danach habe ich sie meiner Tochter vermacht, die die Jacke so lange auf ihren Wanderungen mit dem Hund trug, bis sie buchstäblich zerfiel. Das Futter war zwar inzwischen hauchdünn geworden, aber für einen kleinen Quilt hat es dann doch gereicht. Die Rosetten sind ebenfalls aus recyceltem Garn gewickelt.
Ich gebe einige Workshops mit recycelten Textilien: z.B. „Ragtime“, den ich in meinem Blog vom 21.11.2014 vorgestellt habe. Momentan „knüpfe“ ich nach dieser Methode einen kleineren Teppich für meine neue Wohnung. Die Schubladen fangen schon an, sich zu leeren (Juhui!), aber es gibt noch viel zu tun. Auch mein Kurs „Textile Spielereien“ gehört in diese Kategorie. Das Basismaterial für diesen Workshop besteht aus Stoffstreifen in verschiedenen Breiten. Die werden gerollt und gewickelt und weiterverarbeitet zu Körben, Placemats, Modeschmuck, Taschen, Teppichen, etc. . Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Hier zeige ich zwei Gefässe, die ganz Hand gemacht wurden und - im Hintergrund, leider unscharf - ein maschinengenähtes Körbchen aus gewicktelten Stoffstreifen.
In meiner Bibliothek finde ich einige Bücher, die sich (teilweise) mit recycelten Textilien befassen. Die Autorinnen zeigen, wie sie diese künstlerisch umsetzen. Diese sind u.a.:
Val Holmes: Creative Recycling in Embroidery, Batsford, London 2006, ISBN-10: 0-7134-8986-3, ISBN-13: 9-780713-489866
Cas Holmes: The Found Object in Textile Art, Batsford / Anova, London 2010, ISBN: 978-1-906388-46-1
Gwen Hedley: Drawn To Stitch, Batsford / Anova, London 2010, ISBN: 978-1-906388-80-5,
Uta Donath / Eva Hauck / Claudia Huboi / Dorothée von Rosenberg: recycled, Haupt Verlag, Bern 2010, ISBN 978-3-258-60003-1
Alle diese Bücher sind von Gudrun Heinz ausführlich rezensiert worden. Dem möchte ich nichts hinzufügen. Hier geht es zu ihrer Website http://www.quiltsundmehr.de/BUCHTIPPS.htm
Dies ist eine Sache des Recycelns von Textilien. Will ich darauf aufmerksam machen, dass die Stoffe, die ich verwendet habe, wieder verwertet sind, müsste ich dies explizit erwähnen. Da ich dies aber nur selten tue, kommt meine Botschaft (bitte, verschleudert keine Resourcen) gar nicht an.
So habe ich ein bisschen im Internet gesurft und nach KünstlerInnen gesucht, denen es gelingt, diese Botschaft ohne Worte rüberzubringen. Sämtliche Blder, die ich hier zeige, habe ich von deren Websites runtergeladen..
Derick Melander habe ich schon in meinem Blog über das Museum in Rijswijk (26.06.2015) erwähnt
Er stapelt ausgediente Textilien zu Skulpturen.
Derick Melander |
Wenn Sie mehr sehen möchten, dann schauen Sie hier: http://www.derickmelander.com/.
Die erfolgreiche kubanische Künstlerduo „Guerro de La Paz“, manchmal auch „Guerra de la Paz“ genannt, mit Wohsitz in Miami kreiert aus alten Kleidungsstücken ganz witzige Skulpturen.
Das untenstehende Kunstwerk besteht aus ausgedienten T-shirts, Schuhe, Stiefel, Socken und anderes.
Bonsai |
Die Liste ihrer Ausstellungen ist lang. Die Zwei haben u.a. auch in der Saatchi Gallery in London und im Miami Art Museum ausgestellt.
Kaarina Kaikkonen ist eine der führenden Künstlerinnen in Finland. Sie ist berühmt für ihre Skulpturen und Installationen.
Hier gehts zu ihrer Website: http://kaarinakaikkonen.com/
Die schier unendliche Zahl der Kleider in den Installationen dieser KünstlerInnen führt drastisch vor Augen, wie wir zu einer Wegwerfgesellschaft geworden sind. Sie sind (auch) ein Appell zur Mässigung.
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J'ai aimé cet article sur le recyclage , génial
AntwortenLöschenLiebe Grietje
AntwortenLöschendas ist ein sehr interessanter Beitrag. Besonders beeindruckend sind die Installationen der Finnin.
Liebe Grüsse
Ursula
Liebe Grietje, ja, es ist wirklich erschreckend, was alles weggeworfen wird. Da haben die vorgestellten Künstler wirklich gute Arbeit geleistet, uns das sehr deutlich vor Augen zu führen. Die Finnin ist wirklich beeindruckend. Welch eine Arbeit, so etwas zu installieren, unglaublich. Ich frage mich dann, wie kann man vorher sowas ausprobieren? Ist das nur die Vorstellungskraft? Einen zweiten Versuch wird es ja nicht geben. Danke, dass du uns auf sie aufmerksam gemacht hast. Herzliche Grüße Anette
AntwortenLöschenMir gefallen die Strukturen auch super...Das ganz weisse bzw heller erinnert mich an eine Installation eines Walmdachs am Hotel im Stubaital sehr schön und luftig. Das andere ist weniger abstrakt und daher auf eine andere Weise auch beeindruckend
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