Freitag, 31. Mai 2013

Zeichen der Zeit

Von Cécile Trentini

Die von Gudrun Heinz kuratierte Ausstellung Zeichen der Zeit wurde im Mai 2012 im Rahmen der Patchworktage der deutschen Gilde im Stadt Museum Einbeck eröffnet und war seither an so prominenten Anlässen wie dem Europäischen Patchwork Treffen in Ste Marie-aux-Mines (September 2012) und dem Prager Patchwork Meeting (April 2013) zu sehen.

Und nun geht die Reise weiter zur Duchfabrik Esch-Sauer in Luxemburg, wo diese bemerkenswerte und vielseitige Ausstellung mit Werken von 31 europäischen Textilschaffenden vom 1. Juni bis 29. September 2013 gezeigt wird. 



Aus dem Einladungstext zur Vernissage: "Aufrütteln, ein Signal setzen, ein Tabu brechen, in Erinnerung rufen, Umsetzung persönlicher Erfahrungen, ... Kunst setzt sich von jeher mit politischen oder gesellschaftlichen Themen auseinander und diese befinden sich auch im Focus der Textilkunst. (…) Sie  alle
[die Künstlerinnen] bieten eine exzellente Umsetzung des Themas „Zeichen der Zeit“ und diese Ausstellung belegt eindrucksvoll, wie spannend künstlerische Statements sind und auch, dass dies ganz und gar nicht düster oder verbissen sein muss."

Auch ich bin mit meiner Arbeit "Schlagzeilen" 


in dieser Ausstellung vertreten und gebe hier gerne ein paar Informationen, wie diesesWerk entstanden ist.

Die Gedanken:
Ich lebe in einem Haushalt mit drei Teenagern, mit dem heute üblichen Medienkonsum: Internet, Fernsehen, Tages-Zeitung und die auf ihrem Schulweg in Bus und Tram allgegenwärtigen Gratis-Zeitungen. Das Gesehene und Gelesene wird weiter erzählt und kommentiert, meist vermischt mit Erzählungen aus dem Schul- und Sport Alltag. Da war es naheliegend sich Gedanken über die Informationsflut unserer Zeit zu machen.
Hinter den Schlagzeilen und Berichten in den Zeitungen stecken reale Menschen und ihre Schicksale, das wird häufig vergessen oder zumindest zu wenig bewusst wahrgenommen. Die Ereignisse von denen wir lesen oder hören, mögen uns erstaunen oder berühren, sie bleiben aber oft eher abstrakt und auf jeden Fall nicht so präsent und real, wie unsere eigenen privaten Alltagsereignisse. Und die Erinnerung an das Gesehen oder Gelesene verblasst auch schnell, denn sie wird gleich von immer neuen Nachrichten und Schlagzeilen verdrängt.


Die Textile Umsetzung dieser Gedanken:
Papierlamination auf Organza. Eine Technik, die ich kurz vor der Entstehung dieser Arbeit erst kennengelernt hatte und die faszinierende Möglichkeiten bietet, um Bilder mehr oder weniger verfremdet auf einen Organza Stoff zu übertragen.


Die durchsichtigen Organza-Bahnen mit Gesichtern und Zeitungsberichten wurden mit einem Stoff hinterlegt auf dem grosse "Schlagzeilen"-Buchstaben gedruckt wurden.


Über das Ganze dann, Wörter gequiltet, die ich an diesem Tag in den Schlagzeilen der Zeitung fand: EXPLOSION, FREISPRUCH, SIEG, DOLLAR, WUNDER, RÜCKSCHLAG, FLAMMEN, SCHLAPPE, HERAUSFORDERUNG, MILLIARDEN, AMOK, FLUCHT 
Ich habe ganz bewusst Schlagzeilen aus den Bereichen Weltgeschehen, Wirtschaft und Sport gewählt, da ein Merkmahl, der Informationsflut ja auch darin besteht, dass Ernsthafteres und Trivialeres vermischt und oft gleich gewertet wird: 



So sah der Entwurf der Arbeit zunächst aus: 



Einerseits fand ich sie rein optisch zu fad, zu wenig spannungsvoll; anderseits fehlte mir die bildliche Umsetzung der "privaten Alltagsereignisse", die den Fluss der Schlagzeilen unterbrechen und verblassen lassen. Dies sollte durch das Einfügen eines selbstbedrucktenStoffes (also aus meinem privaten Bereich), dargestellt werden. Und danach wieder der Hintergrundstoff mit den Buchstaben – die Schlagzeilen von Morgen… 




Die Wahl des Stoffes erwies sich als schwierig; ich hatte fast zu viele Möglichkeiten, von denen mir mehrere gut gefielen. Der Stoff sollte zwar ein sichtbarer Unterbruch sein und durchaus auch einen eigenen Charakter haben, nicht aber vom Rest der Arbeit ablenken und den "Schlagzeilen" die Schau stehlen.






Ich musste einige Stoffe ausprobieren, bevor ich mich endgültig entscheiden konnte. 

Schlagzeilen, 2011, 120 x 82 cm
  
Weitere Informationen zur Ausstellung "Zeichen der Zeit" finden Sie auf der Webseite von Gudrun Heinz

4 Kommentare:

  1. Hallo Cècile, habe mir gleich das Buch zur Ausstellung noch einmal durchgesehen und sehe deinen Quilt jetzt mit noch anderen Augen. Es ist so interessant, die Geschichten hinter den Kunstwerken zu erfahren.Vielen Dank dafür.
    LG Anette

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  2. Liebe Annette
    Danke für deinen Kommentar. Ich finde es selbst auch immer spannend die Geschichten hinter einem Werk kennenzulernen. Es ist zwar mein Anspruch, dass meine Arbeiten auch ohne zusätzliches Wissen "funktionieren", also die Betrachter faszinieren, bewegen, interessieren können; aber ich erlebe es auch häufig, dass Arbeiten ganz anders angeschaut und geschätzt werden, wenn man noch erfährt, welche Geschichte dahinter steckt.
    Cécile

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  3. Toller ARTikel, liebe Cécile!
    Überhaupt finde ich Euren Gemeinschaftsblog einfach großARTig...

    :-X in die Schweiz

    Doris

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  4. Liebe Doris
    Danke für das FANtastische Feed-back!
    Cécile

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